Erster Kreuzzug. Einnahme von Antiochia.
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ersten Ritter saß hurtig aus und holte ihn bald ein. Anfangs
wollte er nicht wieder zurück; als er aber sah, daß man Gewalt
brauchen wollte, erklärte er sich bereit und wurde zurückgebracht.
In den Feldern von Antiochia fielen fast alle Tage Kämpfe
vor; es war hier nicht anders wie fast 2300 Jahre früher in der
Ebene vor Troja. So wie dort Griechen und Trojaner in wü¬
thendem Hasse sich bekämpften und mordeten, so hier Türken und
Kreuzfahrer. Und die herrlichen Wasfenthaten, die hier verrichtet
wurden, gaben denen, die Homer besingt, in nichts nach. Es
würde zu weit führen, viele davon zu erzählen; nur eine mag
hier zur Probe stehen. Vor Allen leuchtete Gottfried von
Bouillon durch seine heldenmüthige Tapferkeit und Löwenstärke
hervor. Eines Tages machten die Feinde einen wüthenden Aus¬
fall und jagten das Heer des tapfern Bohemund, Fürsten von
Apulien, in die Flucht. Während sie aber das Gepäck plündern,
sprengt Bohemund ins Lager zu den andern Fürsten und ruft:
„Zu den Waffen!" Zu den Waffen! — Alle springen auf; Gott¬
fried, obgleich kaum von einer Krankheit genesen, ist einer der
Ersten im Sattel, und Alle sprengen nach dem Wahlplatze, daß
die Funken stieben. Hier sah man nun den tapfern Bouillon
wie einen Löwen kämpfen. Wohin sein Schwert traf, schlug er
Einen zu Boden. Bald war die Erde um ihn her von zer¬
splitterten Lanzen, Helmen, Panzern und abgehauenen Köpfen
und Armen bedeckt. Aber das Beste kommt noch. Ein feindlicher
Offizier von ungemeiner Größe und Stärke drängte sich an ihn
heran, um im Kampfe mit solchem Helden großen Ruhm zu ern¬
ten. Die Schwerter blitzten und klirrten, es folgte Schlag auf
Schlag. Jetzt hob der Sarazene sein Schwert zu einem entsetz¬
lichen Hiebe; Gottfried hielt den Schild vor, aber der gewaltige
Schlag spaltete diesen in zwei Theile, und eben schwang jener
das Schwert aufs neue, um dem wehrlosen Ritter den Kopf zu
spalten. Doch dazu ließ ihm Bouillon keine Zeit. Rasch, von
der Gefahr beflügelt, hebt er sich in den Bügeln; hoch blitzt sein
Schwert durch die Luft und sausend fährt es mit Riesenkraft in
die linke Schulter des Sarazenen zwischen die Fugen des Pan¬
zers hinein, durchschneidet die ganze Brust und findet erst auf
der rechten Seite am Gürtel einen Ausweg. Die obere Hälfte
des so getheilten Türken stürzt zu Boden, die untere aber bleibt
im Sattel, und zum Grausen Aller, die es sehen, rennt der wild
gewordene Gaul mit dem Blute seines Herrn überschüttet, nach