Tschechs Attentat. 
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gen" worin mit scharfer Sprache die Einführung von „General¬ 
ständen" für die ganze Monarchie als ein Recht des Volks dar¬ 
gestellt wurde, welches dasselbe mit aller Entschiedenheit in An¬ 
spruch nehmen 'müsse. Diese Schrift gab den Anlaß -zu einer- 
großen Bewegung in allen Theilen der Monarchie, indeul ein 
großer Theil der gebildeten Classen sich von der Wahrheit jener 
Ausführung überzeugt hielt, und besonders in Königsberg, Berlin 
und Breslau auch von den städtischen Behörden der Wunsch nach 
der Einrichtung einer allgemeinen Landesvertretung bald sehr 
laut ausgesprochen wurde. Auch bei den bald darauf zusammen¬ 
berufenen Provinziallandtagen, deren weitere Entwickelung dem 
König, wie die ihnen gemachten Vorlagen bewiesen, aufrichtig 
am Herzen lag, trat in Preußen, am Rhein und besonders in 
Schlesien, ein ungestümes Drängen nach durchgreifenden Aende¬ 
rungen hervor, welches der König hier und da mit entschiedenen 
Worten in bescheidenere Schranken zurückwies. Einzelnen Wün¬ 
schen verhieß er jedoch eine nahe Erfüllung, und milderte be¬ 
sonders in Bezug auf die Presse die bisherige Strenge. Bei der 
Grundsteinlegung zur Wiederaufnahme des seit drei Jahrhun¬ 
derten unterbrochenen Dombaues in Cöln fand der König 
auch Gelegenheit, seine Begeisterung für die Idee der deutschen 
Einheit in beredten Worten kund zu geben, welche weithin in 
Deutschland Wiederhall fanden. Auch versuchte er es, gemeinsam 
mit Oestreich Einrichtungen beim deutschen Bunde zu treffen, 
welche jener Idee mehr entsprächen; doch trat hiervon kein Erfolg 
zu Tage. 
Im Jahre 1844 geschah in Preußen ein hier bisher uner¬ 
hörtes Verbrechen, ein Mordversuch auf die Person des Königs. 
Am 26. Juli, als Friedrich Wilheün eben mit seiner Gemahlin 
in den Wagen stieg, um eine Reise nach Schlesien anzutreten, 
schoß ein ehemaliger Bürgermeister, Tschech, ein Doppelpistol 
auf den König ab. Die Schüsse gingen durch die Kleider des 
Königs in den Wagen, aber die Vorsehung hatte über das Leben 
desselben gewacht: er war unverletzt. Kaum war die Wuth der 
Umstehenden zu bezähmen, daß sie nicht sofort ein Strafgericht 
über den Missethäter ergehen ließen. Bei der Untersuchung ergab 
sich, daß die That ein Schritt der Privatrache wegen vermeint¬ 
licher Zurücksetzung war; Tschech büßte sein Verbrechen auf dem 
Blutgerüste. Im ganzen Lande gab sich bei Gelegenheit der 
wunderbaren Errettung des Königs das Gefühl der Liebe und
	        
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