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Neueste Geschichte, l. Periode. Frankreich. 
Königs Zimmer. Sie hieben die Flügelthüren auf und drangen 
ein. Der König und die Königin hatten nur sechs Schweizer 
als Wache bei sich. Er trat den Bösewichtern entgegen, die, von 
der Majestät seiner Würde wie betroffen, unentschlossen stehen 
blieben. Aber neue Massen drangen nach, überhäuften beide 
Majestäten mit Schimpf und Hohn, setzten dem Könige eine 
Jacobinermütze auf und verlangten drohend den Kopf der Kö¬ 
nigin. Andere forderten die Bestätigmig jener Beschlüsse der 
Nationalversammlung. Aber wie groß auch die Todesgefahr für 
den König war, so blieb er doch unbeweglich, und als die An¬ 
stifter des Tumults sich von feiner Standhaftigkeit überzeugten, 
erschien Santerre und führte den Pöbel ab. Auch Pethion kam 
und entließ die Rotte, indem er sie lobte wegen der „Weisheit 
und Würde", mit welcher sie dem Könige ihr Begehren über¬ 
bracht hätten. 
Diesmal also war der Streich mißlungen; aber das machte 
die Jacobiner nicht muthlos. Sie, namentlich Pethion, ver¬ 
schrieben jetzt aus Marseille, Brest und andern Städten des süd- 
lichen Frankreichs einen Haufen der nichtswürdigsten Menschen, 
Galeerensklaven, Lastträger, Banditen, Henkersknechte, alle aus¬ 
gemachte Bösewichter, die nun unter dem Namen der Föde- 
rirten nach Paris kamen, um zu rauben und zu plündern und 
den Jacobinern zu jedem Verbrechen zu Gebote zu stehen. Am 
30. Juli 1792 hielten sie ihren Einzug. Jetzt war es bei den 
Cordeliers (den wüthendsten Jacobinern) beschlossen, den König 
durch Gefängniß oder Ermordung auf die Seite zu schaffen. 
Auch Pethion war dafür, aber er war in hohem Grade furchtsam 
und besorgte daher, wenn durch ihn der Aufruhr geleitet würde 
und mißlänge, so könnte es ihm den Kopf kosten. Darum wollte 
er lieber der Nationalversammlung eine Bittschrift überreichen, 
unterschrieben von 47 Bezirken von Paris, in welcher die Ab¬ 
setzung des Königs und die Anklage gegen Lafayette verlangt 
wurde. Dieser war Befehlshaber des Heeres, welches an der 
Grenze der Niederlande stand, und hatte sich mit edlem Unwillen 
gegen die nichtswürdige Behandlung des Königs erklärt. Darum 
sollte er gestürzt werden. Aber die meisten Stimmen sprachen 
ibn am 8. August los, wofür die Deputirten beim Weggehen von 
dem draußen stehenden Pöbel beschimpft wurden. Dies machte 
sie scheu, sich über die noch schwierigere Frage, den König be¬ 
treffend, zu erklären, und sie ließen daher für jetzt die Sache
	        
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