Full text: Lesebuch für die reifere weibliche Jugend

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Zustande zu unsern Nahrungsmitteln, können aber als solche nicht 
mehr verwendet werden, sobald sie in Fäulnis übergehen, sei es 
auch nur in geringem Grade; denn die verderbenden Nahrungs¬ 
stoffe werden ekelerregend und bilden für Gesundheit und Leben 
höchst gefährliche Gifte. Die Fäulnis kündigt sich sofort durch 
höchst übelriechende, belästigende und die Luft verpestende Gase 
an. Daher sind auch Anstalten, in denen faulende Stoffe ver¬ 
arbeitet werden, wie Düngerfabriken, Leimsiedereien, entfernt von 
den menschlichen Wohnungen anzulegen. Einen nicht zu unter¬ 
schätzenden Dienst für Reinigung der Luft leisten aasfressende 
Tiere, besonders in heißen Ländern. Die Erfahrung lehrt, daß 
Feuchtigkeit bei angemessener Wärme die Zersetzung faulender 
Körper sehr befördert, während Trockenheit, Siedehitze und strenge 
Kälte den Verfall verzögern oder ganz aufhalten können. Obst, 
Kartoffeln faulen sehr bald, wenn sie zu frühe geerntet und an 
feuchten Orten, z. B. in dumpfen Kellern, aufgeschichtet werden. 
Frische Fleischwaren, Fische u. dgl. halten sich im Winter tagelang 
recht gut, im Sommer dagegen nicht. Man legt sie deshalb zur 
warmen Zeit auf Eis und verpackt sie darin beim Verschicken. Im 
Haushalt benutzt man den Eisschrank. Feuchte Wohnungen mit 
ungenügender Lüftung sind bekanntlich für die Gesundheit sehr 
nachteilig. Kranke, z?B. Lungenleidende, dürfen sich in solchen 
Räumen nicht aufhalten. An feuchten Orten verderben Vor¬ 
räte, wie Holz, Mehl, Brot, Kleider, Möbel, fast regelmäßig. 
Man hüte sich daher vor dem Beziehen feuchter oder noch nicht 
vollständig ausgetrockneter Wohnräume. 
Endlich lehrt uns die Erfahrung, daß da, wo die Stoffe 
faulen, gewisse Pflanzen auftreten, die aus diesen Stoffen ihre 
Nahrung nehmen. Dazu gehören unter andern die Pilze, und 
zwar nicht bloß die größern Arten, wie die bekannten „Schwämme", 
der gefürchtete „Hausschwamm", der „Schimmel", sondern auch 
jene kleinen, unscheinbaren, jedoch häufig sehr wirksamen Pflänzchen, 
die an dumpfen Stellen in feuchtwarmer Umgebung auf moderigem 
Boden die Stoffzersetzung veranlassen und fördern und deshalb 
Fäulniserreger genannt werden. Erst durch das Mikroskop war 
es möglich, diese oft schlimmen Feinde näher kennen zu lernen, 
die dem unbewaffneten Auge häufig als feiner Staub erscheinen 
oder auch ganz entgehen. Ihre lebenden Keime sind in der Luft 
und im Wasser sehr verbreitet, können leicht übertragen werden 
und gedeihen bei mäßiger Wärme lebhaft. 
Hieraus erklärt sich, warum gereinigte Luft oder vollständiger 
Luftabschluß sowie Siedehitze und eine Temperatur unter dem 
Eispunkte der Fäulnis, überhaupt jeder freiwilligen Stoffzersetzung 
entgegenwirken. Ähnlich wirken Gifte, wie Sublimat, Karbolsäure, 
die in der Heilkunst Anwendung finden. 
Um Nahrungsmittel vor dem Verderben zu schützen, 
werden diese teils getrocknet, teils eingemacht und an passenden 
Orten aufbewahrt. Getrocknete Gemüse, gedörrtes Obst bleiben
	        
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