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Geschmacks, ein kleines Sofapolsterchen, ihr Arbeitskorb, ihre
Schreibmappe sind schnell oben aus dem Koffer genommen, die
vorher im Zimmer befindlichen entsprechenden nichtssagenden
Gegenstände ebenso rasch fortgeräumt, und ehe ein Stündchen
vergangen ist, beherrscht schon der persönliche Geist der Bewohnerin
den vorher fremden Raum und zaubert das hervor, was wir
Gemütlichkeit nennen.
Dies beweist am deutlichsten, daß nicht das Material, sondern
der es beherrschende Geist den Unterschied macht. Es weiß ja
wohl jeder aus Erfahrung, daß uns der undefinierbare Zauber
des Behaglichen umspinnen kann, sowohl wenn wir in das reich
ausgestattete Boudoir einer vornehmen Dame treten, wie in das
einfache Stübchen einer Bürgersfrau, daß aber auch in beiden
Fällen ein Gefühl des Mißbehagens uns zu beschleichen vermag,
wenn eben der Hauch des Persönlichen diesen Räumen fehlt.
Eine Frau, welche es nicht versieht, ihr Haus, ihr Zimmer
gemütlich zu machen, ist sehr zu bedauern, mehr aber noch die¬
jenigen, die es mit ihr bewohnen, denn während sie den Mangel
gar nicht empfindet, leiden die andern vielleicht empfindlich darunter,
jedenfalls kann auch deren Gefühl für behagliche Wohnlichkeit
nicht geweckt und ausgebildet werden. Und einer gewissen Er¬
ziehung bedarf es auch hier; erst die Gewöhnung und Behaglich¬
keit wird das Feingefühl dafür herausbilden und das Bedürfnis
danach dem Menschen zum Bewußtsein bringen.
Jede Mutier, jede Gattin wird gut tun, ihr Augenmerk
darauf zu richten, alle Räume des Hauses „gemütlich" zu machen;
Mann und Söhne werden dann gern darin weilen und lieber
dahin zurückkehren, als sich in unwirtlichen fremden Räumen
aufzuhalten.
Eine Hauptbedingung dafür, daß jeder sich im Hause be¬
haglich fühle, ist, daß er einen Platz hat, wo er sich mit dem
beschäftigen kann, was ihm lieb ist. Wenn das auch oft schwer
zu beschaffen sein mag, so sollte doch die Hausfrau lieber jede
Unbequemlichkeit auf sich nehmen, als es versäumen. Dem Mann
das Rauchen verbieten, weil die Gardinen frisch gewaschen sind,
den Söhnen untersagen, Holzarbeiten zu machen, weil dabei
Späne auf die Erde fallen usw., sind die besten Mittel, ihnen
das Heim ungemütlich zu machen, sie daraus zu vertreiben. In
einem wohlverwalteten Hause wird das alles ermöglicht, wenn
auch unter Beschränkung auf bestimmte Zeilen, und hat die Haus¬
frau dabei auch manchmal auf eignes Behagen Verzicht zu leisten,
so wird ihr darüber das Bewußtsein hinweghelfen, ihr Heim für
die Ihren gemütlich gemacht zu haben.
In jedes Haus, wo Liebe wohnt,
da scheint hinein auch Sonn' und Mond,
und ist es noch so ärmlich klein,
so kommt der Frühling doch hinein.
Nach Verschiedenen.