Full text: Lesebuch für die reifere weibliche Jugend

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Wohlsein nicht kennt und selten mit leidenden und kranken 
Menschen Umgang hatte. 
„Es ist besser, einer sei arm und dabei frisch und gesund, 
denn reich und ungesund. Gesund und frisch sein ist besser als 
Gold, und ein gesunder Leib ist besser denn großes Gut. — — 
Darum prüfe, was deinem Leibe gesund ist, und siehe, was ihm 
ungesund ist, das gib ihm nicht!" 
So ruft seit Tausenden von Jahren der weise Sirach Lindern 
und Erwachsenen zu. Leider werden seine wohlmeinenden Worte 
wenig beachtet und befolgt. Die Pflicht, die eigne Gesundheit zu 
erhallen und zu kräftigen, wird von vielen fast ganz vergessen. 
Solange die Glieder des Leibes nicht schmerzen, denkt man nicht 
daran, streng nach den Regeln der Gesundheit zu leben. Darum 
ist auch die Zahl der Lranken und Siechen, die an ihrem Elend 
selbst schuld sind, viel größer, als man vermutet. Wir finden 
solche Unglückliche nicht etwa bloß im Lrankenzimmer und Lranken- 
bett. O nein! Wandre mit mir durch die Städte und Dörfer, 
kehre mit ein bei Vornehmen und Geringen, bei Großen und 
Lleinen und prüfe mit scharfem Blick: die Blutarmen, die bleich- 
wangigen und blassen Gesichter, die Nervenkranken, die Muskel¬ 
schwachen, die Magen- und Leberleidenden, die Lurzsichtigen und 
Schwerhörigen sind bald herauszufinden. 
„Sind denn diese alle ernstlich krank, und was ist an ihrem 
Leiden schuld?" höre ich dich fragen. 
Die Ursachen der Lrankheiten von Erwachsenen hier aufzu¬ 
suchen, ist nicht meine Absicht, aber was dir, mein Lind, Schaden 
und Gefahr bringen kann, will ich nennen, und du magst es 
deinem Gedächtnis einprägen. Das krumme Sitzen beim Schreiben 
und Zeichnen, beim Nähen und Sticken, das Lesen und Arbeiten 
bei ungenügender Beleuchtung, der Aufenthalt in der schlecht- 
gelüfteten oder zu warmen Schul- und Wohnstube, der Mangel 
an der nötigen Bewegung in frischer und guter Luft, das fehler¬ 
hafte Atmen durch den geöffneten Mund anstatt durch die Nase, 
Unmäßigkeil im Essen und Trinken, Unvorsichtigkeit beim Turnen, 
Baden und Schlittschuhlaufen, — das sind so einige Ursachen, die 
nach und nach selbst ein gesundes und kerniges Lind elend und 
siech machen können. Darum prüfe, was deinem Leibe gesund 
ist, damit du nicht in spätern Jahren dir Vorwürfe machen mußt 
wegen der Verletzung der Pflichten gegen deinen Lörper. Vergiß 
auch nicht, daß nur in einem gesunden Leibe eine gesunde Seele 
wohnen kann und daß Lern- und Arbeitslust, überhaupt ein 
frisches und frohes geistiges Leben eng mit dem Wohlbefinden 
des Lörpers zusammenhängt! Ernst m-rker. 
111. Pflege einzelner besonders wichtiger Körperteile. 
Die Erhaltung der Sehkraft ist von der größten Bedeutung; 
alles, was dem Auge schaden kann, ist daher zu vermeiden. Sobald
	        
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