Full text: Lesebuch für die reifere weibliche Jugend

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Kindesalter eigen sind oder doch vorzugsweise in der Kindheit 
auftreten. Man denke nur an den durchaus naturgemäßen Vor¬ 
gang des Zahnens, der sich nicht selten unter heftigen Erscheinun¬ 
gen vollzieht. Man denke an die mit dem Wachstum der Knochen 
zusammenhängenden Leiden und an die Störungen, denen das 
in seiner Entwicklung begriffene Gehirn ausgesetzt ist. Vor allem 
aber sind es jene mit erheblicher Ansteckungsgefahr verbundenen 
Krankheiten, denen nur wenige Personen vor dem Eintritt in 
ein reiferes Alter entgehen: die sogenannten Ansteckungs- oder 
Infektionskrankheiten. Zu diesen gehören: Masern. Röteln. 
Scharlach, Windpocken. Diphtherie, Mandel¬ 
entzündung und Keuchhusten. Aber auch noch andern 
Krankheiten sind unsre Kleinen ausgesetzt: Magen- und 
Darmkatarrh und Brechdurchfall. 
Die Masern entwickeln sich stets unter dem Einfluß eines 
Ansteckungsstoffes. Die Anlage dazu wohnt fast allen Menschen 
inne, und daher kommt es. daß fast jeder Mensch einmal von 
dieser Krankheit befallen wird; selten hat jemand zweimal die 
Masern zu überstehen. 
Als Vorboten der Masern treten Frostschauer, Schüttelfrost 
auf. begleitet von einer Entzündung der Bindehaut und der 
Luftwege. Der Puls ist voll, die Temperatur erhöht, das All¬ 
gemeinbefinden gestört: es gesellen sich Übelkeit. Erbrechen, ja 
oft Irrereden und Krämpfe dazu. Bis jetzt hat die Krankheit 
noch nichts Eigentümliches und könnte auch ein gewöhnliches 
Erkältungsfieber sein. Doch verraten die brennenden, geröteten 
Augen, die starke Lichtscheu, der reichlich fließende Schnupfen, die 
heisere Sprache, der quälende Reizhusten schon den Anfang einer 
ansteckenden Krankheit. Dieser Zustand dauert ungefähr 3 Tage, 
wobei das Fieber entweder sich auf mäßiger Höhe (39°) hält 
oder ganz zur Norm zurückkehrt. Das Fieber beginnt nun zu 
steigen und erreicht gewöhnlich jetzt seinen höchsten Grad (40° 
und darüber). Der Puls wird schnell und voll, und zuerst im 
Gesicht, dann auf Brust, Rumpf und Glieder übergehend, zeigt 
sich der Masernausschlag in Form von zahlreichen kleinen rund¬ 
lichen oder länglichen roten Flecken, die meist zackige Ränder 
haben und nur wenig über der Haut erhaben sind, doch häufig 
in ihrer Mitte eine knötchenförmige, hirsekorngroße Erhebung 
zeigen. Häufig fließen benachbarte Flecke zusammen und bilden 
dann unregelmäßige Figuren. Die Haut zwischen den Flecken 
ist unverändert, nur im Gesicht ist sie gewöhnlich mäßig ge¬ 
schwollen. Hat der Ausschlag seinen Höhepunkt erreicht, so fällt 
das Fieber; während die Flecke allmählich erblassen, erneuert 
sich die Oberhaut unter Abschuppung, und die Eltern haben meist 
große Mühe. die kleinen Kranken noch im Bette zu halten. In 
dieser Periode ist besonders auf regelmäßige Stubenwärme und 
auch darauf zu achten, daß die Fenster leicht verhüllt bleiben. 
Die ganze Dauer der Krankheit nimmt etwa 13 Tage in Anspruch.
	        
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