Full text: Lesebuch für die reifere weibliche Jugend

- 299 — 
sehr gut bezahlt werden; man kann sie aber auch unmittelbar 
aus Samen ziehen. Im letztern Falle sät man den Samen dünn 
in 5 cm voneinander entfernten Reihen und verzieht die dicht¬ 
stehenden Pflanzen Mitte Mai auf 6—12 cm. Steckzwiebeln 
werden im März in einer Entfernung von 12 bis 15 cm 1% cm 
tief gesteckt. Die Beete werden gehörig rein gehalten, und die 
Erde wird im Sommer einigemal an die Zwiebeln hergezogen. 
Bei der Ernte lägt man die Zwiebeln einige Tage auf dem 
Boden abtrocknen, bringt sie dann eine Zeitlang dünn ausgebreitet 
auf luftige Bodenräume, putzt Erde und Kraut ab und hängt 
die Zwiebeln an Reifen oder in Büscheln an trocknen Orten auf. 
Beliebt ist die blaßrote Kopfzwiebel und die dunkelrote, 
sog. Ulm er Zwiebel. Martin. 
186. Das Symbolische der Blumen. 
Die Natur hat tausend Stimmen, aber in allen Ländern, 
über allen Meeren, unter allen Zonen nur eine Sprache, eine 
Sprache, die zum Himmel erhebt, die die Seele des Lauschenden 
erquickt. Glücklich ist. wer ihre Sprache versteht — und sie ist 
leicht verständlich — er fühlt sich nie allein, wenn er auch einsam 
durch die Fluren wandelt. Die Lilie in ihrem makellosen Glanze 
erzählt ihm von der zarten Schönheit, der Reinheit und Unschuld; 
die Rose in ihrem Purpur ist ihm ein Bild inniger Liebe; die 
Hoffnung strahlt frisch und erquickend aus dem Immergrün, sanfter 
Friede aus dem Ölzweige und ewige Unsterblichkeit aus der be¬ 
scheidenen Immortelle. Ein Zweig von Rosmarin erinnert an 
den herben Ernst des Lebens, der Palmzweig deutet auf errunge¬ 
nen Sieg, das duftende Veilchen gilt als das Bild der Demut und 
Bescheidenheit. Von der Stärke und Beharrlichkeit in der Freund¬ 
schaft redet der prunklose Efeu, liebevolle Erinnerung spricht aus 
dem blauäugigen Vergißmeinnicht, holde Anspruchslosigkeit aus 
der Kornblume und mannhafte Treue aus dem Eichenlaub. Auch 
die Stimmen des menschlichen Gemüts drücken die Blumen aus. 
Auf stille Trauer deutet die Weide mit hängenden Zweigen, 
auf schmerzliche Wehmut die Zypresse und auf tiefes Schauern 
die Zitterpappel. 
Diese rührende Beziehung des Gemüts zu den Blumen ist 
die Ursache, warum wir. um tiefe Gefühle anzuzeigen, seien sie 
heitrer oder trauriger Art. zu den Blumen unsre Zuflucht nehmen. 
Glauben wir doch, kein Fest aus vollem Gemüt feiern zu können, 
ohne daß wir seine tiefere Bedeutung durch Blumen versinnbilden. 
Blumen begleiten uns durch das ganze Leben hindurch. Mit 
Blumen schmücken wir die Unschuld des Kindes; Blumen flechten 
wir der Braut in das Haar; aus Lobeerzweigen winden wir 
dem siegreichen Helden einen Kranz; mit Blumen schmücken und 
bestreuen wir die Stätten der Andacht; Blumen legen wir auf 
den Sarg des Vollendeten, und Blumen pflanzen wir auf den
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.