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Die Leute sagen dann vielleicht: „Ihr mutz heute wieder
etwas recht Schweres begegnet sein — man merkt es immer daran,
datz sie dann so strahlend freundlich und wohltuend nach allen
Seiten ist! Sie hat die grotze Verwandlungskraft — sie ist eine
wirkliche Mädchenblüte!" Dr. Fr. m Foersier.
188. Zum Blumenpflücken.
Brichst bu Blumen, sei bescheiden,
nimm nicht gar so viele fort!
Sieh. die Blumen müssen's leiden,
doch sie zieren ihren Ort.
Nimm ein paar, und latz die andern
stehn im Gras und an dem Strauch.
Andre, die vorüberwandern,
freun sich an den Blumen auch.
Nach dir kommt vielleicht ein müder
Wandrer, der des Weges zieht
trüben Sinns — der freut sich wieder,
wenn er auch ein Röslein sieht.
189. Etwas über Obstbaumzucht.
Das Obst ist frisch und getrocknet eins der gesundesten
Nahrungsmittel für Gesunde und Kranke. Deshalb sollten alle,
die ein Stück Land besitzen, das sich zum Garten eignet, sich die
Zucht der Obstbüume sehr angelegen sein lassen. Selbst das
kleinste Fleckchen der Erde, etwa auf dem Hofe oder vor dem
Fenster, liehe sich durch ein Obstbäumchen zieren. Niemand wende
ein. er habe dazu nicht Zeit. Wenn er manche mützige Stunde nur
zweckmähig benutzen wollte, so bliebe ihm noch viel Zeit zum An¬
bau der Obstbäume übrig.
Sehr häufig versteckt sich aber hinter diesem Einwand nur
eine Bequemlichkeitsliebe, von der Goethe sagt:
„Mer recht bequem ist und faul,
flog' dem eine gebratne Taube ins Maul.
er würde höchlich sich's verbitten,
wär' sie nicht auch geschickt zerschnitten."
Welch schönes, unschuldiges Vergnügen kann man so manche
Stunde durch den Aufenthalt in einem wohlgepflegten Garten
haben! Und selbst ein einzelnes schattiges Bäumchen gewährt
des Angenehmen so viel, datz es immer der Mühe lohnt, auch
nur hiermit den Anfang gemacht zu haben! Wie manche trauliche
Stunde lätzt sich z. B. an Sonntagen oder an langen Sommer¬
abenden hier im Kreise der Familie zubringen, welche Zeit viel¬