Full text: Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen

350 XII. Gesetz und Recht. 
Staatskasse Reisekosten und Tagegelder (15 Mk.). Ein Verzicht hier¬ 
auf ist unstatthaft. 
Richterliche Gewalt. Die richterliche Gewalt wird im Namen 
des Königs durch unabhängige, keinem andern Einfluß als dem des 
Gesetzes unterworfene Gerichte ausgeübt. Die Urteile werden im 
Namen des Königs ausgefertigt und vollstreckt. Die Richter werden 
vom Könige oder in dessen Namen auf ihre Lebenszeit ernannt. 
Staatshaushalt. Alle Einnahmen und Ausgaben des Staats 
müssen für jedes Jahr voraus veranschlagt und auf den Staats¬ 
haushaltsetat gebracht werden. Letzterer wird alljährlich durch ein 
Gesetz festgestellt. Steuern und Abgaben für die Staatskasse dürfen 
nur, soweit sie in den Staatshaushaltsetat ausgenommen oder durch 
besondere Gesetze angeordnet sind, erhoben werden. Gebühren können 
Staats- und Gemeindebeamte nur auf Grund des Gesetzes erheben. 
Die Ausnahme von Anleihen für die Staatskasse findet nur auf Grund 
des Gesetzes statt. Die Rechnungen über den Staatshaushaltsetat 
werden von der Oberrechnungskammer geprüft und festgestellt und 
mit einer Übersicht der Staatsschulden zur Entlastung der Staats¬ 
regierung dem Landtage vorgelegt. 
Allgemeine Bestimmungen. Die Verfassung kann auf dem 
ordentlichen Wege der Gesetzgebung abgeändert werden. Die Mit¬ 
glieder beider Häuser und alle Staatsbeamten leisten dem Könige den 
Eid der Treue und beschwören die gewissenhafte Beobachtung der 
Verfassung. Eine Vereidigung des Heeres auf die Verfassung findet 
nicht statt. Die Bekanntmachung der Landesgesetze erfolgt durch die 
Gesetzsammlung. 
Die Ausführung der Landesgesetze wird durch das Staats¬ 
ministerium überwacht. Diesem sind die Provinzial-, Bezirks-, Kreis-, 
Amts- und Gemeindebehörden untergeordnet. 
Die Gesetzgebung gestattet den einzelnen Provinzial-, Bezirks-, 
Kreis-, Amts- und Gemeindeverwaltungen, innere- Angelegenheiten 
mit einer gewissen Selbständigkeit durch eigene Beamte ohne Mit¬ 
wirkung des Staats zu regeln. Diese Selbstverwaltung unterliegt 
stets der Aufsicht der Staatsverwaltung. Nach E. Bombe. 
217. Das Preußische Staatsministerium. 
Das Staatsministerium ist die Vereinigung sämtlicher neun Mi¬ 
nister unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, der in der Regel 
der Reichskanzler ist. In ihm werden alle Entwürfe zu neuen Ge¬ 
setzen beraten und die Meinungsverschiedenheiten der Minister ent¬ 
schieden. Dadurch wird die Einheitlichkeit der Verwaltung gewahrt. 
Sitzungen des Staatsministeriums, in denen der König den Vor¬ 
sitz führt, werden „Krönrat" genannt. Beratend dem Könige zur 
Seite steht der Staatsrat. Er setzt sich zusammen 1. aus den König¬ 
lichen Prinzen, die das 18. Jahr erreicht haben' 2. aus den höchsten
	        
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