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XII. Gesetz und Recht.
waren (z. B. Mühlzwang), Ausschluß der Frauen vom Gewerbebetriebe,
— alle derartigen alten Einschränkungen des Gewerbes und Handels
kennt das Gesetz nicht mehr. Dagegen fordert die Gewerbeordnung
für gewisse Gewerbe, die eine besondere wissenschaftliche Vorbildung
oder tect nische Fertigkeit und Fachkenntnis voraussetzen, den Nachweis
der besonderen Befähigung vor der Erlaubniserteilung.
2. Der Gewerbebetrieb. Die Gewerbeordnung unterscheidet
zwischen stehendem Gewerbebetrieb, Gewerbebetrieb im Um¬
herziehen und Marktverkehre. — Wer den selbständigen Betrieb
eines Gewerbes anfängt, mußt der Ortspolizei bezw. auch der Steuer¬
behörde vorher Anzeige machen. Binnen drei Tagen hat die Behörde
die erfolgte Anzeige zu bescheinigen. Einer besonderen Genehmigung,
die vorher einzuholen ist, bedarf es nur zur Errichtung solcher Anlagen,
die durch ihre örtliche Lage oder die Beschaffenheit der Betriebsstätte
für die Besitzer und Bewohner benachbarter Grundstücke oder für die
Einwohnerschaft überhaupt erhebliche Nachteile, Gefahren oder Be¬
lästigungen herbeiführen können. Im Gesetze werden als solche An¬
lagen u. a. genannt: Pulvermühlen, chemische Fabriken, Kalk- und
Ziegelöfen, Hammerwerke, Leim- und Seifensiedereien, Gerbereien.
Solche Anlagen können auch später wieder behördlich gegen Entschädigung
geschlossen werden, wenn dies das öffentliche Wohl nötig macht.
Apotheker und Ärzte bedürfen einer Approbation, welche auf Grund
eines Nachweises der Befähigung durch die vorgeschriebenen Prüfungen
erteilt wird. Auch das Gewerbe des Hufbeschlags, der Seeschiffer,
Lotsen, Maschinisten von Seedampfern kann von dem Bestehen be¬
sonderer Prüfungen und der staatlichen Erlaubnis abhängig gemacht
werden. Gast- und Schankwirtschaft darf nur mit behördlicher Erlaubnis
betrieben werden. Die Ortsbehörde regelt auch die zur Unterhaltung des
öffentlichen Verkehrs innerhalb der Orte dienenden Mittel (Droschken,
Dienstmänner u. dergl.) und setzt für sie Taxen fest. Für Schornsteinfeger
werden bestimmte Kehrbezirke und -gebühren behördlich bestimmt.
Das stehende Gewerbe kann auch außerhalb des Gemeindebezirks
der Hauptniederlassung des Gewerbes betrieben werden; auch kann der
Geschäftsinhaber für sich einen Vertreter bestellen. Dieser bedarf einer
Legitimationskarte; er und der Geschäftsinhaber haften für etwaige
Übertretungen der polizeilichen Vorschriften.
Das Gewerbe kann auch im Umherziehen betrieben werden.
Es ist gestattet, ohne eine gewerbliche Niederlassung überhaupt im sog.
Hausiergewerbe Bestellungen aufzusuchen, Waren aufzukaufen, ge¬
werbliche und untergeordnete künstlerische Leistungen, Schaustellungen
(Drehorgel, Karussell u. dergl.) anzubieten.
Hierzu bedarf es der vorhergehenden Lösung eines Wander¬
gewerbescheines. Jedoch sind gewisse Waren und Leistungen vom
Hausierhandel ausgeschlossen; dazu gehören u. a. geistige Getränke, ge¬
brauchte Kleidungsstücke, Wäsche-, Bettststücke, Gold- und Silberwaren,
Spielkarten, Wertpapiere, explosive (Spreng-) Stoffe, leicht endzünd-
liche Öle, Waffen, Arzneimittel, Drucksachen, die Ärgernis erregen
können oder mit Zusicherung von Prämien oder Gewinnen vertrieben