fullscreen: Für mittlere Klassen (Theil 2)

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letzten Augenblicke. Ein sterbender Indier hatte den Daumen seines 
Gegners mit den Zähnen erfaßt und ließ sich lieber das Auge aus dem 
Kopfe bohren, als daß er losgelassen hätte. Ein anderer, verwundet, 
stellte sich todt, hielt aber das Messer bereit, um noch eine tödtliche 
Wunde zu versetzen. Mein Berichterstatter sagte, daß, als er einen 
Indier verfolgte, dieser um Gnade rief, aber zu gleicher Zeit heimlich 
die Schleuder von seinem Gürtel löste, um sie um den Kopf zu wirbeln 
und seinen Verfolger zu treffen. „Ich aber," fuhr der Spanier fort, 
„schlug ihn mit dem Säbel zu Boden, stieg dann vom Pferde ab und 
gab ihm mit dem Messer den Nest." Dies ist ein blutiges Gemälde; 
aber wie viel schrecklicher ist es, daß auch alle Weiber, die über zwanzig 
Jahre alt erscheinen, erbarmungslos hingeschlachtet werden! 
In der Schlacht, welche dem verrathenen Stamme geliefert ward, 
versuchten vier Indier gemeinschaftlich zu fliehen. Sie wurden ver¬ 
folgt, einer wurde getödtet, aber die andern drei gefangen. Sie waren 
Botschafter einer großen Menge von Indiern, die sich zu gemeinsamer 
Vertheidigung nahe bei den Cordilleren vereinigt hatten. Der Stamm, 
an den sie abgesandt waren, stand im Begriff, eine große Berathung zu 
halten; das Stutenfleisch war fertig und der Tanz vorbereitet; am Mor¬ 
gen hatten die Gesandten nach den Cordilleren zurückgehen sollen. Sie 
waren ausgezeichnet schöne Männer, sehr hellfarbig, über sechs Fuß hoch 
und alle unter dreißig Jahr alt. Die drei Ueberlebenden besaßen also 
sehr werthvolle Nachrichten, und um diese herauszupressen, stellte man 
sie in eine Linie. Als die beiden ersten gefragt wurden, antworteten sie: 
„No 86" (Ich weiß nicht), und einer nach dem andern wurde erschossen. 
Auch der dritte sagte „No se" und fügte hinzu, „Feuert, ich bin ein 
Mann und kann sterben!" Keine Silbe wollten sie bekennen, um der 
Sache ihres Vaterlandes nicht zu schaden! Das Benehmen des Kaziken 
war sehr verschieden: er rettete sein Leben, indem er den Platz des Krie¬ 
ges und den Vereinigungspunkt in den Anden verrieth. Man glaubte, 
es seien bereits sechs bis siebenhundert Indier zusammen, und ini Som- 
mer werde ihre Zahl sich verdoppeln. 
Unter den in diesem Treffen gefangenen Mädchen waren auch zwei 
schöne Spanierinnen, die in ihrer Kindheit von den Indiern entführt 
worden waren und jetzt nur noch die indische Sprache redeten. Ihrer 
Angabe nach müssen sie von Salta gekommen sein: eine Entfernung in 
gerader Linie von wenigstens tausend Meilen. Dieses giebt eine gro߬ 
artige Idee von dem ungeheuren Flächenraume, den die Indier durch¬ 
streifen; aber so groß auch dieses Land ist, so bezweifle ich doch, ob in 
einem halben Jahrhundert noch ein wilder Indier gefunden wird. Der 
Krieg ist zu blutig, um länger zu dauern. 
Man erzählte mir noch von einem Gefechte, das einige Wochen 
früher in Cholechel statt gefunden. Als ein Paß ist dieses eine sehr 
wichtige Stellung und war deshalb eine Zeitlang das Hauptquartier 
einer Heeresabtheilung. Als die Truppen dort ankamen, fanden sie einen 
Indierstamm, von dein sie Zwanzig bis Dreißig tödteten. Der Kazike 
entrann auf die erstaunenswertheste Weife. Die Häuptlinge haben immer 
ein oder zwei ausgesuchte Pferde, die sie für dringende Fälle aufbewah¬ 
ren. Auf eins von diesen, einen alten Schimmel, sprang der Kazike 
und nahm seinen kleinen Sohn mit sich. Das Pferd hatte weder Sattel 
noch Zaum. Um die Schüsse zu vermeiden, ritt der Indier aus die
	        
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