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nur mit dem Kopfende an der Wand und zwar so, daß der Kranke
das Licht im Rücken oder von der Seite hat. Außerdem stehe es nicht
im Zuge und nicht zu nahe am Ofen. Eiserne Bettstellen sind vorzu¬
ziehen, weil sie leicht gereinigt werden können. Als Unterlage genügt
eine Matratze mit Leintuch. Die Lage des Kopfes wird durch die
Krankheit bestimmt. Der Leidende sei nie zu schwer zugedeckt; ein
wollener Teppich und ein leichtes Deckbett sind ausreichend.
Dem Kranken selber soll man die peinlichste Sorgfalt widmen.
Jeden Morgen soll das Gesicht mit Seife und lauwarmem Wasser
gereinigt, der Mund ausgespült und das Haar gekämmt werden. Die
neu anzulegende Leibwäsche muß vorgewärmt und trocken sein. Wird
der Druck der Bettdecke vom Kranken unangenehm empfunden, so
stelle man durch einen Schemel oder sonst einen geeigneten Gegenstand
einen hohlen Raum her. Auf die Körperwärme, den Pulsschlag und
die Atmung des Kranken hat die Psiegerin besonders zu achten; die
dazu nötige Anleitung pflegt vom Arzte gegeben zu werden. Die Ver¬
abreichung der Arznei soll pünktlich geschehen; die Abneigung mancher
Kranken ist durch begütigendes Zureden zu überwinden. Bei übel¬
schmeckenden Arzneien kann man einen angenehmen Nachtrunk bereit
halten. Sind Umschläge zu machen, so ist das Umschlagtuch und
ebenso das Wasser öfters zu erneuern. Wird Eis angewendet, so läßt
sich dasselbe dadurch, daß 'man den Behälter mit einem wollenen
Tuche oder sonst einem schlechten Wärmeleiter umwickelt, längere Zeit
erhalten.
Bei ansteckenden Krankheiten hat die Wärterin die Aufgabe,
nicht nur den Kranken zu pflegen, sondern auch die Gesunden vor
Ansteckung zu bewahren. Letztere sollen das Krankenzimmer nicht be¬
treten; Kinder bringe man womöglich außer dem Hause unter; Kranken¬
besuche sind nicht zuzulassen. Ist die Krankheit erloschen, so müssen
Krankenzimmer und alle vom Kranken benutzten Geräte sorgfältig
desinfiziert werden und zwar in der Weise, wie die Anordnung des
Arztes lautet.
Überhaupt sollte man alsbald, wenn sich die Vorboten einer ernst¬
lichen Erkrankung zeigen, einen zuverlässigen Arzt rufen und seine
Anordnungen gewissenhaft befolgen. Vor Wunderdoktoren und son¬
stigen Kurpfuschern kann nicht eindringlich genug gewarnt werden.
44. Amalie Sicvcking.
Groß ist die Zahl der edlen Frauen, denen Dankbarkeit und Ge¬
rechtigkeit einen Platz unter den Wohlthätern der leidenden Menschheit
angewiesen haben. Einmal herausgetreten aus dem engen Rahmen
ihres Familienkreises, ermüden sie in heiliger Begeisterung nicht, unab-