Full text: Lesebuch für die reifere weibliche Jugend

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7. Und sprichst: „O schau aus 
mich herab, 
der hier an deinem Grabe 
weint! 
Vergib, daß ich gekränkt dich 
hab! 
O Gott, es war nicht bös ge¬ 
meint!" 
8. Er aber sieht und Hort dich 
nicht, 
kommt nicht, das; du ihn froh 
umfängst; 
der Mund, der oft dich küßte, 
spricht 
nie wieder: „Ich vergab dir 
längst!" 
Freiligrath. 
161. Wenn deine Lieben von dir gehn. 
1. Wenn deine Lieben von dir 
gehn, 
blick auf in deinen Tränen! 
Gott will, du sollst gen Himmel 
sehn 
und dich nach oben sehnen. 
2. Und schied er durch des 
Todes Hand 
dich von den Lieben allen, 
so wirst du nach dem Vaterland 
nur um so leichter wallen. 
3. Ein Pilger gehst du durch 
die Welt, 
die Heimat aufzufinden; 
bricht ab der Tod dein Wander- 
zelt, 
wird all dein Kummer schwinden. 
4. Die letzten Tränen sind ge¬ 
weint, 
nichts kann dich mehr betrüben, 
du bist auf Ewigkeit vereint 
mit allen deinen Lieben. 
Julius Sturm. 
162. Wenn du noch eine Mutter hast. 
1. Wenn du noch eine Mutter hast, 
so danke Gott und sei zufrieden; 
nicht allen auf dem Erdenrund 
ist dieses hohe Glück beschieden. 
Wenn du noch eine Mutter hast, 
so sollst du sie mit Liebe pflegen, 
daß sie dereinst ihr müdes Haupt 
in Frieden kann zur Ruhe legen. 
2. Sie hat vom ersten Tage an 
für dich gelebt mit bangen Sorgen; 
sie brachte abends dich zur Ruh' 
und weckte küssend dich am Morgen. 
Und warst du krank, sie pflegte dein. 
.'den sie mit tiefem Schmerz geboren, 
und gaben dich alle schon auf. 
die Mutter gab dich nicht verloren.
	        
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