„Das ist für unterwegs," antwortete Detel.
. „Zu essen?" lachte Wilhelm, „und schmeckt das gut?"
„Schmeckt gut und wird niemals alle wie Elias' Ölkrug."
Das sagte Detel mit feierlichem Gesichte. Sie gingen durch einen
hohen, schweigenden Tannenwald.
„Laß uns davon hören, was in dem Buche steht," sagte der
Drechsler plötzlich.
Sie legten sich nieder und Detel las. Es erging dem Wilhelm
wie Elias am Berge Horeb. Er suhlte Gottes Nähe.
Von nun an fühlten sich die beiden Gesellen niemals allein,
am wenigsten in der Einsamkeit. Natur war Gott, überall fühlten
sie Gottes Odem.
Wenn sie so recht tief in der Einsamkeit waren, bat Wilhelm:
„Detel, laß uns lesen."
Dann kriegte Detel sein Buch her und las.
Acht Tage wanderten sie zusammen und hatten sich lieb wie
David und Jonathan.
Der Drechsler nahm in einer Stadt Arbeit, da sein Vater
ihn dorthin brieflich versagt hatte. Detel tat es auch, aber nur
für einige Wochen. Dann stand er wieder mit Ranzen und Reb¬
stock vor Wilhem.
„Bleibe," bat dieser.
Detel entgegnete: „Ich muß, ich habe geschworen."
„Was hast du geschworen?"
„Ich muß irgendwo hin."
„Wer sagt dir das?"
„Wilhelm," sagte Detel und legte seinem Freunde die Hand
auf die Schulter, „hast du schon von den Muhamedanern gehört?
Was ein echter Muhamedaner ist, geht einmal in seinem Leben
nach Mekka zu Muhameds Grab."
„Und du?"
„Ich will hin. wo er gelebt hat."
„Wer?"
„Der Mann, der dies Buch geschrieben hat."
Als sie sich die Hand reichten, bebten dem Drechsler die Lippen
vor innerer Bewegung.
„Wilhelm, was wolltest du sagen?" half Detel.
Da brachte er es heraus. „Wenn du dort stehst, wo du hin¬
willst. dann denkst du auch an mich, ich fühle das."
„Das will ich tun. Wilhelm."
Einmal mußte Detel noch Arbeit nehmen, das Geld für die
Weiterreise zu erarbeiten, ein anderes Mal mußte er seine Reise
acht Tage unterbrechen, weil er einen schlimmen Fuß hatte. Und
als er nun wirklich in Weimar war und Schillers Sterbe- und
Arbeitsstube besuchte, da wollte er an Wilhelm denken, und er
tat es auch.
Aber er war nicht mit sich zufrieden. Er hatte keine rechte
Andachtsstimmung finden können.