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Grönland auf Schneeschuhen durchquert hat, hat für die große 
Reise, die er vor einigen Jahren ausführte, keinen Tropfen Alko¬ 
hol zu Trinkzwecken mitgenommen. Ich habe einen Brief von 
ihm gehabt, in dem er die Ansicht, geistige Getränke seien in 
einem kalten Klima notwendig, als völlig falsch bezeichnet. „Sie 
sind nicht nur nicht notwendig, sondern sie sind absolut schädlich. 
Wie allgemein bekannt, wird die Temperatur des Körpers durch 
Alkohol erniedrigt, und das kann man natürlich in einem sehr 
kalten Klima am wenigsten aushalten. Wenn nun dazu sehr starke 
körperliche Anstrengungen kommen, dann kann man durch geistige 
Getränke ganz ruiniert werden." So allgemein bekannt, wie 
Nansen meint, ist das leider nicht, aber wissen könnte es jeder, 
daß die Schnapstrinker zuerst erfrieren, daß der Alkohol nur vor¬ 
übergehend erhitzt, daß gute Ernährung und warme Kleidung den 
Arbeiter besser warm halten als das Getränk, das er doch auch 
nicht umsonst hat. 
Vom Bier betont man mit Vorliebe, daß es sehr nahrhaft sei. 
Das Vier ist flüssiges Brot, sagt der Brauer, und mancher sagt's 
ihm nach. Flüssiges Brot wäre doch nur für solche Leute ein Be¬ 
dürfnis. die keine Zähne mehr haben, um Festes zu beißen. Daß 
Vier Nährstoff enthält ist richtig. Das ist aber nicht immer eine 
Tugend: denn meistenteils wird das Bier genossen, wenn der 
Magen keiner Nahrung bedarf, wenn er vielmehr zum wichtigen 
Geschäft des Verdauens seine Ruhe haben möchte. Und dann muß 
man den Nährwert des Vieres etwas teuer bezahlen. „Ein Glas 
des gehaltvollsten Exportbieres zu 25 Pfennig hat keinen Hähern 
Nährwert als ein Eßlöffel voll deutschen Käses zu 1 Pfennig." 
(Dr. E. Meinert.) Man vergesse doch nicht, daß auch das stärkste 
Vier zu neun Zehntel aus Wasser besteht. 
„Aber Alkohol stärkt und erfrischt doch, er gibt neue Kraft 
und beseitigt die Ermüdung." Auch diese Ansicht ist falsch. Die 
Wissenschaft sagt: Der Alkohol stärkt nicht, sondern er hilft nur 
über das Gefühl der Ermüdung hinweg, er erzeugt das Gefühl 
von Kraft. Das kann für den Augenblick nützlich sein, gerade wie 
ein Peitschenhieb beim Pferde nützlich sein kann, obwohl es doch 
auf der Hand liegt, daß die Peitsche dem Pferde keine Kraft ver¬ 
leihen kann. Man denke an die Wirkung, die ein fröhlicher Marsch 
der Regimentsmusik auf die nach langem Felddienst ermatte: 
heimkehrenden Soldaten ausübt, oder an die Kraftleistung, die 
die Tanzmusik und die Erregung des Tanzes bei den Tanzenden 
ermöglicht: gerade so wirkt der Alkohol auch . . . Ebenso ist durch 
die Erfahrung tausendfach bewiesen, daß Alkohol auf die Dauer 
nicht stärkt, sondern schwächt, daß der Trinker auf die Dauer nicht 
das gleiche leisten kann wie der Nichttrinker. (Dr. Wilhelm 
Bode.) „Mäßigkeit ist die beste Arznei." 
Aus Hans Hermann, Praktische Stoffe für die ländl. Fortbildungsschule. 
Lies Or. Dicke und Kohlmetz: Die Schädlichkeit der geistigen Getränke. 
„ Grotjahn: Alkohol und Arbeitsstätte. 
„ Bunge: Der Kampf gegen die Trinksitten.
	        
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