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Wie er selbst, bei aller Macht und Herrschergröße, die ideale Verkörperung
eines deutschen Landmannes aus alter Zeit blieb, so wußte er auch seine
Meierhöfe zu Milsterwirtschaften im Ackerbau, in der Obstpflanzung, im
Forstwesen und im Weinbau zu erheben. Er selbst iiberwachte, als tüchtiger
Landwirt, den gesamten Betrieb seiner zahlreichen Giiter, die er in regel¬
mäßigen Zwischenräumen bereiste, sich dabei von allem Rechenschaft ablegen
ließ und selbst die nötigen Verbesserungen anordnete. Für den Betrieb
seiner Güter erließ er auch eine gesetzliche Anleitung, die wohl als das
älteste deutsche Lehrbuch des Ackerbaues angesehen werden kann.
Die gleiche Sorgfalt hat Karl auch dem Gewerbe, Handel und Ver¬
kehr zugewandt. Durch Schiffbarmachung von Flüssen, Anlegung von
Brücken (z. B. in Mainz) u. dgl. suchte er zu einer ausgedehnten Erwerbs¬
thätigkeit anzuregen. Den Kaufleuten gewährte er mancherlei Vorrechte
und schiitzte sie durch strenge Gesetze auf ihren Reisen gegen Ikberfall und
Plünderung. Mit verschiedenen Nachbarvölkern knüpfte er Handelsver¬
bindungen an und errichtete neue Märkte. Was die Römer in Gewerben
und Künsten geleistet hatten, suchte er auch seinen! Volke zu eigen zu
machen. Deshalb traf er Anordnungen für den Hausfleiß. Linnen- und
Wollarbeiten wurden gefertigt, Teppiche kunstvoll gewebt und in Gold
und Seide gestickt.
Über den großen Angelegenheiten seines Reiches aber vergaß er nicht
die kleinen seines Hauses. Er durchsah mit der größten Genauigkeit die
Rechnungen seiner Verwalter über Einnahme und Ausgabe. Es ist noch
eine schriftliche Anweisung übrig geblieben, welche er für diese entivorfen
hatte. Er bestimmte darin ganz genau, wie Butter und Käse, Honig und
Wachs-bereitet, ivie der Wein gekeltert, wie das Bier gebraut, wie viel
Eier, Gänse, Enten und Hühner verkauft werden sollten. Der Haushalt
bewegte sich in bescheidenen Verhältnissen. Wie er selber einfach war in
seiner Kleidung und den leinenen Rock trug, beu seine eigenen Töchter
gewebt hatten, so verlangte er auch von seiner Uingebung Einfachheit. So
gab er seinem Volke hierin ein Beispiel echter Bürgertugend.
Viele hochstrebende Herrscher hat das Jahrtausend nachdem erzeugt,
aber nach Höherem hat keiner gerungen. Das französische Rittertum der
späteren Zeit verherrlichte ihn als den ersten Ritter, das deutsche Bürgertunr
als den väterlichen Vvlksfrennd und den gerechten Richter. Wie viel auch
in den Stürmen der nachfolgenden Regierungen von seinen Schöpfungen
zu Grilnde gegangen: Jahrhunderte lang hat das Abendland von den
Früchten seines Wirkens gezehrt, und mit der Ordnung, welche er den
Deutschen gegeben, beginnt die selbständige Zeit deutscher Geschichte.
Nach Verschiedenen.
162. ßiriftusj der Klöster auf das Gewerbe.
Die segensreiche Wirksnnckeit der Klöster war in bem gesäurten Mittel¬
alter eine vielnrnfassende. Sie waren nicht nur Wohnsitze der Frörnrnig-
keit und Mäßigkeit, sondern wurden auch in Deutschland die Pflanzstätten
der mittelalterlichen Kultur. Die frommen Mönche griffen zur Axt und
füllten Bäurne, um den Wald zu lichten und Barlholz zu gewinnen, um
den Boden urbar zu nrachen und sich die Stätte zu bereiten, von welcher
aus sie durch Lehre und Beispiel als Arbeiter rvirken konnten.