B. Aus dem Berufsleben.
a. Lehrjahre.
Wer soll Meister sein? Wer was ersann.
Wer soll Geselle sein? Wer was kann.
Wer soll Lehrling sein? Jedermann.
Goethe.
27. Zur Weherzigung.
Die Lehrlingszeit bildet den Übergang vom schützenden Elternhaus
in das „feindliche Leben". Während dieser Zeit sollt Ihr, lieben Freunde,
in der Werkstatt und in der Fortbildungsschule mit den Fertigkeiten,
Kenntnissen und Tugenden ausgerüstet werden, die Euch befähigen, den
Kampf ums Dasein mit glücklichem Erfolge zu bestehen.
Die erste Bedingling gur Erreichung dieses Zieles und die Grundlage
eines wahrhaft glücklichen Lebens überhaupt bildet wahre Gottesfurcht,
ernster religiöser Sinn und edle Sittlichkeit. Ans diesen Tugenden sprießt
von selbst werkthätige Nächstenliebe, hingebende Begeisterung für Gott,
König und Vaterland und reine Freude am Schönen :md Guten. Ein
siegreicher Kampf mit den Gefahren des Lebens fordert aber auch einen
festen Charakter, der unerschütterlich festhält an dem als recht und gut
Erkannten, sich jedoch der Belehrung nicht verschließt. Wir fiub verloren,
wenn wir unsere ideale Gesinnung verlieren; wir haben aufgehört zu sein,
wenn wir unsere Eigenart verlassen.
Eigenart soll sich auch in Euren Arbeiten bekunden; denn gerade
darin besteht der Vorzug der Handarbeit vor der Maschine, daß sie die
Eigenart ihres Schöpfers beweist. Deutsche Arbeit galt im Mittelalter
als die gediegenste in ganz Europa, weil in ihr die Seele, der Geist
ihres Erzeugers zum Ausdrucke kam. Sucht auch Ihr, soweit möglich,
nicht bloß mit den Händen, sondern auch mit dem Kopfe und dem Herzen
zu arbeiten. Beherzigt die Worte Schillers: „Arbeit ist des Bürgers
Zierde, Segen ist der Mühe Preis."
38. Zer Lehrling.
Du Jüngling, du, der noch die Bürde
der herben Lehrzeit tragen muß,
wenn sie dir noch so drückend würde,
halt' aus in Ehren bis zum Schluß I
Je enger deiner Freiheit Schranken
die strenge Zucht des Lehrherrn seht,
je inn'ger wirst du's einst ihm danken,
wenn man um deinen Fleiß dich schätzt. Karl Weis,.