Full text: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

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Die deutsche Flotte. 
lassen, daß aber die Bereitstellung- einer tüchtigen Kriegsflotte neben 
Geld auch Zeit erfordert. Da die in der Hast geschaffene Reichs¬ 
flotte weder Kriegs- noch lebensfähig war, so mußte der Bundestag 
ihre Auflösung beschließen. Einige Schiffe fanden Käufer; Preußen 
übernahm zwei Fahrzeuge, und der Rest der Schiffe mußte öffent¬ 
lich versteigert werden. 
Nachdem die deutsche Reichsflotte ein so klägliches Ende ge¬ 
nommen hatte, beauftragte König Friedrich Wilhelm IV. von 
Preußen den Prinzen Adalbert, zur Verteidigung der Ostseeküste 
geeignete Schritte zu tun. Es wurde beschlossen, eine preußische 
Küstenflottille zu bilden, die im Kriege auch der Verteidigung des 
ganzen Reiches zu gute kommen sollte. Auch erwarb der König 
zur Anlage eines Kriegshafens von Oldenburg den Jadebusen. Seit¬ 
dem wuchs die preußische Marine langsam, aber stetig an. Allein 
auch i. J. 1864 vermochte sie nicht der dänischen Flotte wirksamen 
Widerstand zu leisten, so daß von letzterer die preußischen Ostsee¬ 
küsten blockiert wurden. 
Die Verfassung des Norddeutschen Bundes schuf eine 
Bundes-Kriegsmarine unter dem Oberbefehl des Königs von 
Preußen, und am 1. Oktober 1867 wurde an Stelle der alten 
preußischen Flagge die neue, jetzt noch gültige Kriegsflagge gehißt. 
Auf die Marine konnten jetzt größere Geldmittel verwandt werden, 
und ganz besonders wichtig für ihre Entwickelung war es, daß 
Preußen seit 1866 im Besitze des Kieler Hafens war, und daß nach 
fleißiger, zäher Arbeit der Kriegshafen an der Jade eröffnet wurde. 
König Wilhelm taufte den Platz am 17. Juni 186g „Wilhelmshaven“. 
Trotzdem war die junge Flotte im deutsch-französischen Kriege 
nicht im stände, die Blockade unserer Küsten zu verhindern. Der 
Seeverkehr war völlig abgeschnitten; unsere Handelsflotte war ge¬ 
lähmt, und viele Handelsschiffe wurden von feindlichen Kreuzern 
als Prisen aufgebracht. Daß die feindliche Flotte unsere Küste nicht 
angriff, kann nur dadurch erklärt werden, daß der Landkrieg schon 
kurz nach der Kriegserklärung eine für Deutschland erstaunlich 
günstige Wendung nahm. Aus den in diesem siegreichen Kriege 
gemachten Erfahrungen hat sich ergeben, daß Deutschland eine 
starke Angriffsflotte braucht, die den Feind von der Küste 
zu vertreiben vermag. 
2. Zu den wichtigsten Aufgaben, welche das neue Deutsche 
Reich zu lösen hatte, gehörte daher der Ausbau einer Reichs- 
Kriegsflotte, welche mit dem Landheere vereint ihren vor¬ 
nehmsten Zweck, den Schutz des deutschen Landes gegen die An¬ 
griffe feindlicher Mächte, erfüllen konnte. 
Neben der Landesverteidigung fällt der Kriegsflotte der Schutz 
des Handels und der vom Handel bewegten landwirtschaftlichen und 
industriellen Güter zu (s. Nr. 126, 129). Gar mannigfaltig sind unsere 
Beziehungen zu fremden Ländern; zahlreiche Produkte und Lebens¬ 
mittel, welche der heimische Boden gar nicht oder in nicht ge¬ 
nügender Menge hervorbringt, beziehen wir vom Auslande, welches 
von uns wiederum mit Produkten unseres Landes, mit Werkzeugen 
und Maschinen versehen wird. Neben Kaffee, Petroleum, Gewürzen,
	        
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