Full text: Lesebuch für Fortbildungsschulen

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Landwirtschaft und Gewerbe. 
No. 90. 9t. 
stammten. Seit 1869 sehen wir aber deutsche Chemiker planmäßig auf wissen¬ 
schaftlicher Grundlage vorwärtsschreiten. Sie machten aus diese Weise Deutsch¬ 
land zum ersten Land der Teerfarbenindustrie. Ihnen gelang die künstliche Dar¬ 
stellung des Indigos und des Alizarins. Durch das künstliche Alizarin wurde 
der Krappbau fast gänzlich Verdrängt. Nach Angaben von Or. Kalkhoff. 
91. Das Glas. 
!)ie Kunst der Glasbereitung ist schon lange erfunden; aber 
im ganzen Altertuine blieb das Glas kostbar, dem Gold im preise 
ziemlich gleich; an Glasfenster dachte niemand. Die Stelle der Glas¬ 
spiegel vertrat poliertes Metall, und Reiche wie Arme tranken aus 
hölzernen, thönernen oder metallenen Gefäfsen. Jetzt trinkt selbst 
der Arme sein Master aus einem Glase. 
And nun erst die roten, blauen, grünen, vielfarbigen, ver¬ 
goldeten und versilberten geschliffenen Gläser, Vasen, Teller u. s. w., 
mit welchen böhmische Glasfabriken uns versorgen — welche Pracht, 
welche Mannigfaltigkeit! Aber noch immer ist Auarz oder Auarz- 
fand der Hauptbestandteil des Glases. Dieser wird gewöhnlich 
mit Soda und Pottasche, gebranntem, an der Lust zerfallenem Kalk 
und Mennige gemischt. Die gepulverte Masse kommt sodann in 
große Schmelztiegel und wird in runden, ziemlich verschlossenen 
Öfen bis zur Meißglühhitze geschmolzen. Durch Beimischung von 
Thlorsilber entstünde gelbes Glas, von Eisen grünes, von Braun¬ 
stein violettes, von Zinnasche oder Knochenmehl weißes, von ge¬ 
wissen Kobaltsalzen blaues rc. Zn die dickflüssige, rotglühende Glas¬ 
masse wird die sogenannte pfeife, eine Art Blaserohr mit einem 
eisernen Ende und einem ebensolchen Mundstücke, eingetaucht, gerade 
wie Kinder die Thonpfeife in Seifenschaum eintauchen, wenn sie 
Seifenblasen machen wollen. Auf gleiche Meise bläst auch der Glas- 
.arbeiter in fein Blaserohr, wodurch der an dem Rohre klebende 
Klumpen glühender Glasmasse zu einer hohlen Glaskugel ausge¬ 
dehnt wird. Bald giebt man dieser Kugel mit eisernen Merkzeugen 
eine bestimmte Gestalt, bald bläst man sie in thönerne oder metallene 
hohle formen hinein, wobei der Glasarbeiter, wenn das Glas 
zu erkalten ansängt, die verglühende Masse augenblicklich in dem 
glühenden Schmelzofen wieder weich machen kann. Auf gleiche 
Meise wird auch das Fensterglas geblasen. Der Arbeiter giebt 
der Kugel, indem er sie auf Eisen ringsherum aufdrückt; eine
	        
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