Full text: Lesebuch für Fortbildungsschulen

Geschichte. 
No. 137. 138. 139. 
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Er liebkost beit Hans und streichelt ihn traut, 
Einen alten Kam'raden, seit lang nicht geschaut. 
„Halfst du mir einst vor den Chassepots, 
Heut' will ich dir helfen vor schlimmerem Los; 
Du sollst im Alter nicht leiden not. 
Komm, Hans, du sollst teilen mein Gnadenbrot!" 
„Einhundert zum dritten!" schlug zu der Sergeant, 
Strich ein drauf den Kaufpreis in klingend Courant; 
Zum Hof hinaus zogen durch Feld und Flur 
Die zwei Veteranen von Mars-la-Tonr. 
Fedor von. Koppen. 
138. Am Abend nach dem Schlaclittag. 
Es war am Tag nach der Schlacht hei Gravelotte, da lagerten abends 
die preussischen Garden um das Dorf St. Marie aux Chênes. Überall flammten 
die Feuer; die einen sammelten Holz. die andern Stroh zum Lager, wieder 
andere holten Wasser, um Reis, Kartoffeln oder Kaffee zu kochen. Da rollte 
einer ein Fass Wein herzu, das in einer Scheune vergessen worden war; er 
war aber eigentlich auf die Strohjagd ausgegangen. Zwei andere, die herum¬ 
gezogen waren, um Eier und anderes zu finden, bringen etliche 50 Franzosen 
daher als lästige Beute. 
Plötzlich ertönt ein Zeichen durch das Lager, und der Lärm schweigt 
augenblicklich. Es ist ein stiller Augenblick zum allgemeinen Gebet ; und gewiss 
wird in wenig Kirchen mit solcher Inbrunst gebetet wie da. Dann aber beginnt 
die volle Regimentsmusik den Choral; „Nun danket alle Gott!“ Alle Kehlen 
und alle Herzen singen mit in der stillen Nacht, und weithin ziehen deutsche 
Klänge über die fremde Erde. 
Es giebt grosse Eindrücke, denen sich so leicht kein Gemüt entziehen 
kann, so der erste Anblick des Meeres, die Stille über den Gletschern der 
Alpen, der Fall des Niagara. Ergreifender aber kann nichts gedacht werden 
als das Gebet von Tausenden, die einem vielfachen Tod entgangen sind und 
sich in dem Ausdruck eines einzigen Dankgebets sammeln, von Tausenden, die 
man in der Nacht nicht sieht, deren vereinigte Stimmen aber zahlreicher scheinen 
und durch die Dunkelheit gewaltiger wirken als beim Anblick am hellen Tages¬ 
licht. Und wie der Sang verhallte, war manches Auge feucht; die Geschäfte 
wurden still verrichtet. Es musste erst ein Übergang sich finden, bis die 
frohen Klänge der „Wacht am Rhein“ ertönen konnten. Und dann, ja freilich: 
Lieb Vaterland, magst ruhig sein, 
Fest steht und treu die Wacht am Rhein ! 
Lauxmanns Gedenkblätter. 
139. Sedan. 
XX^ie Märchen klingt's, und doch — im Jubelten 
Durch alle Straßen wälzt sich's freudebrausend: 
„Sie haben ihn, den Schelm Napoleon, 
Sie haben ihn und seine Achtziatausend!"
	        
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