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Leopold II.,
geb. d. 5. Mai 1747, reg. v. 1790—1792.
Leop old war ein Sohn Kaisers Franz I., ein Bruder Jo-
seph's II. Im Jahre 1765 wurde er Großherzog von Toscana.
Während seiner 25jährigen Regierung als solcher zeigte er sich als
einen musterhaften Regenten, wie er überhaupt zu den edelsten,
weisesten und geliebtesteu Fürsten des österreichischen Hauses mit
Recht zu zählen ist. Als sein kinderloser Bruder, Joseph II.,
gestorben war, wurde er — jetzt der Stammfürst des österreichi¬
schen Hanseö — als Leopold II. in Frankfurt zum Kaiser ge¬
wählt (d. 30. Sept. 1790).
Seiner wartete eine schwierige Aufgabe, denn nicht bloß in
Deutschland, sondern auch in andern europäischen Ländern waren
die Staatsverhältnisse sehr verwickelt. Doch Leopold besaß Mä¬
ßigung und Klugheit genug, um die entstandenen Stürme zum
Schweigen zu bringen und das Staatsschiff mit Glück zu lenken.
Er hob die Neuerungen seines Bruders, welche große Unzufrieden¬
heit, ja sogar Aufruhr veranlaßt hatten, wieder auf und beruhigte
die Ungarn, die ihn beschränken wollten. Den Niederlän¬
dern, welche sich unter der Regierung Joseph's II. empört (1789)
und sich unabhängig zu machen gesucht hatten, gab er ihre alte
Berfaffung wieder und brachte sie durch Güte und Waffen zum
Gehorsam.*) Bald darauf aber bildeten sie, unter dem Schutze
der Franzosen, eine eigene Republick, die belgische, welche spä¬
ter — seit Oct. 1795 — mit Frankreich vereiniget wurde.
Unter Leopold's kurzer Regierung trat eine schwere, verhäng-
nißvolle Zeit für Europa ein, nämlich die französische Revo¬
lution, durch welche die Fürsten und Völker viele Jahre hin¬
durch geängstiget wurden. In Folge dieses furchtbaren Ereigniffes
kam Leopold, der die Vorgänge in Frankreich mit schwerem
Herzen sah, mit dem Könige von Preußen, Friedrich Wil¬
helm II., zu Pillnitz bei dem Kurfürsten von Sachsen zusam¬
men, um sich über die gemeinsam zu treffenden Maßregeln zu be-
*) Er schickte ein Heer gegen sie, welches den 8. Dec. 1791 in Brüssel
einzog.