Full text: Lehr- und Lesebuch für berg- und hüttenmännische Schulen

Wissenschaftliche Grundlagen des Bergbaues 
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andere bis zur Größe einer Haselnuß, und darüber — hatten sich 
auf dem Nordsaume der Insel angesiedelt. Wohlig wiegten sie 
ihre kleinen, zierlichen Fangarme in der warmen Flut. Unablässig 
schieden sie aus ihrem Körper kleine Kalkteilchen aus, welche das 
Meerwasser ihnen mit der Nahrung zugeführt hatte. So vergrößer¬ 
ten sic fortwährend die vielgestaltigen Korallenstöcko. Häufig 
mochten die Wogen des Meeres gewaltig an den Korallenbauten 
rütteln, hie und da Zweige abbrechen, Muschel- und Schnecken¬ 
gehäuse gegen das Kiff schleudern und durch Zermahlen derselben 
einen feinen Kalkschlamm erzeugen, der die Lücken der Korallen¬ 
stöcke ausfüllte und manches Gehäuse der damaligen Meeresbe¬ 
wohner in seinen Schichten begrub. Dadurch, daß dann der feine 
Kalkschlamm zu festem Gestein erhärtete, war der Bau unseres 
Kalksteingebirges vollendet. Zahlreiche Zeugen bestätigen diese 
Entstehungsgeschichte unseres Kalksteinzuges; denn neben den 
Korallen verraten uns vielgestaltige Gehäuse von Meeresschnecken, 
mancherlei Arten von Muschelschalen sowie Schalen von Arm¬ 
füßern, Kopffüßern und Gliedern von Krinoiden oder Seelilien, 
daß einst warme Fluten des Meeres den Boden unserer Heimat 
bedeckten. 
3. Fast überall im Gestein unseres langen Kiffs findet sich 
ein versteinerter Armfüßer, der den Namen Stringocephalus 
Burtini oder Burtins ,,Eulenkopf" erhalten hat; deshalb nennt 
man diesen Kalkstein Stringocephalenkalk. Auch an anderen 
Orten z. B. in der Eifel, im Harz, in Thüringen, in Belgien, in 
England findet sich Stringocephalenkalk. In England wur¬ 
den dieser Kalk und die mit demselben zusammenhängenden 
Schichten zuerst genauer studiert. Der Geologe Murchison1) 
erkannte eine große mit dem Stringocephalenkalk zusammen¬ 
hängende Gesteinsgruppe in der Grafschaft Devonshire im süd¬ 
westlichen England als zusammengehörig und gab dieser Schich¬ 
tengruppe den Namen „Devonische Formation". Dieser 
Name ist auf die gleichartigen Schichten aller anderen Länder über¬ 
gegangen. Auch unser Korallenriff gehört zur devonischen For¬ 
mation. Darum bezeichnet man den Kalkstein unseres Kiffs auch 
als devonischen Kalk. Außer diesem Kalk gibt es noch manche 
andere Kalke, wie z. B. Kohlenkalk, Muschelkalk, Jura¬ 
kalk, Kreidekalk. Auch sie sind durch Ablagerung von 
Schlammteilchen unter Wasser entstanden und bilden gar mächtige 
Schichten. Niemals findet man jedoch K ohlenkal k in Sch leb¬ 
ten, welche unter der devonischen Formation liegen, sondern er 
liegt stets über dieser. Niemals findet man den eigentlichen 
„Muschelkalk" unterhalb der Steinkohlenformation. Aus die¬ 
sem Umstande können wir erkennen, daß der Muschelkalk jünger 
ist als der Kohlenkalk, und daß dieser wieder jünger ist als der de¬ 
ls Sprich Mörtschisn. 
Gehrig, Bergmännisches Lesebuch. 8. Aufl. 
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