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6. Ein geistliches Abendlied.
G. Kinkel.
Es ist so still geworden, verrauscht des Abends Wehn,
nun hört man allerorten der Engel Füße gehn. Rings in
die Thale senket sich Finsternis mit Macht. — Wirf ab,
Herz, was dich kränket und was dir bange macht!
Es ruht die Welt im Schweigen, ihr Tosen ist vorbei,
stumm ihrer Freude Reigen und stumm ihr Schmerzensschrei.
Hat Rosen sie geschenket, hat Dornen sie gebracht: — Wirf
ab, Herz, was dich kränket und was dir bange macht!
Und hast du heut gefehlet, o schaue nicht zurück; em⸗
pfinde dich beseelet von freier Gnade Glück! Auch des Ver⸗
irrten denket der Hirt auf hoher Wacht. — Wirf ab, Herz,
was dich kränket und was dir bange macht!
Nun stehn im Himmelskreise die Stern' in Majestät,
in gleichem, festem Gleise der gold'ne Wagen geht. Und
gleich den Sternen lenket er deinen Weg durch Nacht.
Wirf ab, Herz, was dich kränket und was dir bange macht!
7. Ruhe in Gott.
H. Kletke.
Wenn dir leis in Abendstille milder Hauch zum Herzen
weht, fühl' es, daß ein Gotteswille bei dem Trostverlass'⸗
nen steht!
Fühl' es, daß ein Gottesfrieden das Erschaffene mild
umfängt, und der wilde Sturm hienieden seine Flügel schon
gesenkt.
Fühl' es, daß am Gottesherzen nun geborgen ruht die
Welt, und den taggebornen Schmerzen Liebe nun ein Ziel
gestellt.
8. Sternhelle Nacht.
A. Mahlmann.
Gottes Pracht am Himmelsbogen ist in Sternen auf⸗
gezogen; welch ein heilig stiller Chor! Daß das Herz dir