Full text: Lese- und Lehrbuch für ländlich-gewerbliche Fortbildungsschulen

II. Die sittlichen, wirtschaftlichen u. kulturellen Grundlagen der Landwirtschaft rc. 17 
Schoß legen. Die Kinder müssen, sobald sie es vermögen, dem Vater 
oder der Mutter zur Hand gehen; der Lehrbursch darf nie sitzen und 
träumen, wie es Walter nennt, und Gesellen, die den blauen Montag 
lieben, kommen bei ihm nicht lange fort. Meister Walters Freunde 
sind alle fleißig und betriebsam. „Ein Faulenzer," äußert er wohl, 
„könnte mich leicht anstecken." A. ffaikmann. 
16 a. Letzte Krnte. 
Ich brachte in siebzig Jahren viele Ernte ein, — 
dies soll mein letztes Fuder wohl gewesen sein! 
Die Gäule scheuten am Tore, sie jagten mit Gewalt — 
ich schrie und riß an der Leine, aber mein Arm ist alt. 
Vor ihren polternden Hufen der Staub flog auf wie Rauch; 
die Garben schleiften die Steine, — mein alter Rücken auch. 
Mutter, was hilft das Weinen? Das ist nun, wie es ist, 
siebzig Jahre und drüber war doch eine schöne Frist! 
Daß sie den Schmied nur holen, ein Eisen fehlt dem Roß, 
und hinterm Hof am Tore, da ist ein Pfosten los. 
Und daß sie nicht vergessen: Da, wo die Pappeln stehn, 
im letzten Schlag am Berge, da sollen sie Roggen sä'n. 
Kommt jeder an die Reihe, König, Bauer und Knecht. 
Jst's unsers Herrgotts Wille, so ist es mir auch recht. 
Was stehst du vor dem Bette und beugst dich drüber dicht? 
Meinst du, Mutter, ich sähe die Totenlichter nicht? 
Vier Lichter an der Lade, wie si-ch's zu Recht gehört, 
vier Pferde vor dem Wagen, der mich vom Hofe fährt, 
Der weißen Klageweiber zween vor meiner Trutz, 
im breiten leinenen Laken vom Kopf bis auf die Schuh! 
Mutter, kommen die Kühe schon vom Kamp herein? 
Die Schwarze brüllt am Tore, da muß es Melkzeit sein. 
Ich höre die Knechte singen vor der Dielentür, — 
Morgen und Feierabend bin ich nicht mehr hier! 
Viel Hände braucht die Ernte. Der Herrgott hat's gewußt. 
Gottlob, daß ich nicht früher habe fortgemußt! 
Und wenn ich Feierabend heute machen soll, 
gemäht sind die letzten Ähren — und alle Scheunen voll! 
Lulu von Strauß und Torney 
16 d. Kraö ein! 
Grab ein, grab ein 
in unsrer Mutter reichen Schrein! 
für alle Sorge und Beschwerde 
erliegt dein Lohn in treuer Erde. 
Grab ein, grab ein! 
Gehrig.Helmkampf.Krausbauer-Stillcke, Lese-u. Lehrbuch. S.Aufl. 
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