Full text: Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz

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liehe Meinung schiebt die Schuld an diesem Übelstande ausschlie߬ 
lich der Großindustrie zu; in Wirklichkeit spielten aber noch 
andere Dinge mit. 
Zunächst verlor das Handwerk dadurch an Boden, daß die 
Nachfrage nach manchen Gegenständen stark nachließ oder gar 
ganz aufhörte. Mit dem Verschwinden des häuslichen Spinnens 
und Webens verlor der Drechsler die Lieferung der Spinn- und 
Spulräder. Beim Küfer gehen die Bestellungen von Fleisch- und 
Krautständern und Butterfässern noch jährlich zurück, da das 
Hausschlachten immer seltener wird, das Sauerkraut imbißweise 
vom Krämer oder Gemüsehändler bezogen werden kann und die 
Milch in Milchschleudern zum Buttern gebracht wird. Durch 
die Anlegung von Wasserleitungen in mittleren und größeren 
Orten werden viele Kübel und Bütten überflüssig. Zug- und Reit¬ 
pferde werden immer mehr durch Motore und Fahrräder ersetzt 
und damit die Arbeit des Hufschmiedes und Sattlers verringert. 
Ein Nachteil für manches Handwerk tritt auch dann ein, 
wenn ein Gegenstand durch einen solchen aus anderem Rohmaterial 
ersetzt wird. So hat z. B. die Drechslerei dadurch viel verloren, 
daß Schirmständer, Kleiderhalter, Rauchtische, Treppengeländer 
u. s. w. aus Eisen hergestellt werden. Und durch die rasche Ver¬ 
breitung des emaillierten Geschirres wurden Küfer, Blechschmiede 
und Töpfer stark geschädigt. 
Gefährlicher noch als das Eingehen mancher Gebrauchsgegen¬ 
stände ist dem Handwerke vielfach die Änderung des persönlichen 
Verhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geworden. 
Wo der Handwerker für große Erwerbsgemeinschaften arbeitet, 
steht er bald in einem solchen Abhängigkeitsverhältnis von diesen, 
daß seine Selbständigkeit nur Schein ist. Außerdem ziehen alle 
Fabriken jene Handwerker, deren Dienste sie bedürfen, allmählich 
in ihre Arbeitsräume und stempeln sie so zu Fabrikarbeitern. 
Schreiner, Schmiede und Schlosser finden sich heutzutage fast in 
jeder größeren Fabrik. Wohl noch schlimmer ist die Abhängigkeit 
des Kleingewerbetreibenden vom Zwischenhändler, der oft die 
niedrigsten Preise zahlt und sich dabei noch als besonderer Gönner 
und Schützer des Handwerks aufspielt. Die Käufer unterstützen 
leider diese Abhängigkeit des Gewerbetreibenden vom Zwischen¬ 
handel, indem sie am liebsten in den großen, schönen Läden 
kaufen, welche die Erzeugnisse aller möglichen Gewerbe auf Lager 
haben. 
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