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stock und in der Tasche eine Tabaksdose, der er fleißig zusprach. Meist war
er von schönen Windhunden umgeben. Um 3 Uhr morgens stand er aus,
las Berichte, versah sie mit treffenden Randbemerkungen, arbeitete mit den
Ministern, schrieb Briefe, gab Bittstellern Gehör und ging auf die Parade.
Bei der Mittagstafel sprühten Geist und Heiterkeit. Nachmittags empfing
er Gelehrte und Künstler, las oder schrieb. Nach der Abendtafel ergötzte
er sich an der Musik, und erst Mitternacht endete sein Arbeitstag. Im
Mai unternahm er Reisen durchs Land, aus denen er alles sah, hörte und
ordnete. Dabei schenkte er auch dem Geringsten Gehör und untersuchte alle
Beschwerden. Ein Geist unermüdlicher Thätigkeit und selbstloser Hingabe
an die Pflicht ging von dem Könige auf seine Beamten über, so daß sie
keinen höheren Ehrgeiz kannten, als dem Wohle des Ganzen zu dienen und
ihrem Herrn und Meister zu gefallen. Sein Lieblingsaufenthalt war das
Schloß Sanssouci bei Potsdam, und am liebsten verkehrte er mit ge¬
bildeten Franzosen. Den berühmten Voltaire (spr. Woltähr) zog er nach
Berlin an den Hof, derselbe machte sich aber durch Geiz, Neid und Streit¬
sucht verächtlich.
8. Friedrichs letzte Jahre. Immer freudloser wurde das Leben des
großen Königs. Aber unermüdlich thätig für sein Land und Volk war er bis
ins hohe Alter. Er sagte: „Mein Leben ist auf der Neige. Die Zeit, die
ich noch habe, muß ich benutzen; sie gehört nicht mir, sondern dem Staate."
Noch zweimal hat er das Schwert gezogen, das erste Mal bei der Teilung
des zerrütteten Polen (1772), von dem er Westpreußen erhielt, das
zweite Mal in dem bayrischen Erbsolgekriege (1778—79), um der Er¬
oberungslust des österreichischen Kaisers Joseph II. zu wehren. Im Frieden
von Teschen (1779) verzichtete Joseph auf Bayern und behielt nur das
Jnnviertel. (Joseph II. war der Sohn der Maria Theresia und ein edler
Monarch, der seine Völker beglücken wollte. Die Leibeigenschaft hob er auf.
Allen Religionsparteien gab er gleiche Rechte, und die Volksbildung hob er.
Doch seine Völker waren für solche Maßregeln nicht reif. Mit Kummer
über das Fehlschlagen seiner Pläne starb er.) In das letzte Jahrzehnt von
Friedrichs Regierung fällt seine besondere Fürsorge für Westpreußen.
Das arme Land ohne Herrn, ohne Gesetz, ohne Zucht und ohne Wohlstand
wurde, wie früher Schlesien, des Königs Schoßkind. Wie eine gute Mutter
hat er es mit unendlicher Liebe und Nachsicht gepflegt, zur Arbeit und Sitte
geführt, ja gezwnngen und so, mit Hilfe seiner besten Beamten, das lange
Elend des ehemals deutschen Landes geendet. — Friedrich der Einzige starb
am 17. August 1786, tief betrauert in Palästen und Hütten. Ein schwäbischer
Bauer soll bei der Nachricht von seinem Tode ausgerufen haben: „Wer soll
nun die Welt regieren, wenn der „alte Fritz" tot ist?" In der Garnison¬
kirche zu Potsdam liegt er begraben. Er hat Preußen zu einer Großmacht
erhoben und dem ganzen Jahrhundert seinen Namen gegeben. — In seinem
Testamente heißt es: „Ich habe Gesetz und Gerechtigkeit herrschen lassen;
ich habe Ordnung und Pünktlichkeit in die Finanzen gebracht; ich habe in
die Armee jene Manneszucht eingeführt, wodurch sie vor allen übrigen Truppen
Europas den Vorrang erhalten hat. . . . Meine letzten Wünsche gelten der
Glückseligkeit meines Reiches. Möge es stets mit Gerechtigkeit, Weisheit und
Nachdruck regiert werden! Möge es durch die Milde seiner Gesetze der glück¬
lichste, in seinen Finanzen der am besten verwaltete, durch ein Heer, das nur
nach Ehre und edlem Ruhme strebt, der am tapfersten verteidigte Staat sein!
O möge es in höchster Blüte bis an das Ende der Zeit fortdauern!" —