Full text: Lesebuch für kaufmännische Schulen

43. Selbständigkeit. 
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Übung dieser Tugend und durch nichts wird dasselbe leichter er¬ 
schüttert als durch ihre Abwesenheit. Wer seirre Verabredungen 
pünktlich innehält und niemanden warten läßt, zeigt, daß er Achtung 
für des andern Zeit wie für seitie eigene hat. Daher ist die Pünkt¬ 
lichkeit eine Art unsere persönliche Hochachlitttg gegen diejenigen 
an den Tag zu legen, mit denen wir im Geschäftsleben zusammen- 
kommen. Sie ist auch eine Art Gewissenhaftigkeit; denn eine Verab¬ 
redung ist ein ausdrücklicher oder stillschweigender Vertrag und 
wer ihn nicht hält, bricht sein Wort, geht unredlich mit andrer Leute 
Zeit um und leidet auf diese Weise unfehlbar Schaden all seinem 
guten Rufe. Man kommt natürlich zu dem Schluß, daß derjenige, 
der nachlässig mit der Zeit ist, es auch mit dem Geschäfte sein wird 
itub daß man ihm also keine wichtigen Angelegenheiten anvertrauen 
darf. Als der Sekretär Washingtons, des Präsidenten der Nord¬ 
amerikanischen Freistaaten, sich bei ihm wegen Zuspätkommens nlit 
der Ungenauigkeit seiner Uhr entschuldigte, sagte ihnr sein Herr 
ganz ruhig: „Dann müssen Sie sich entweder eine andre Uhr oder 
ich muß mir einen andern Sekretär anschaffen." 
Wer nachlässig mit der Zeit und der Benutzullg berfelben ist, 
wird gewöhnlich. die Gemütsruhe andrer beständig stören. Ein 
jeder, mit dem der Unpünktliche zu tun hat, wird von Zeit zu Zeit 
in einen fieberhaften Zustand versetzt; der Unpünktliche kommt ja 
beständig zu spät, ist regelmäßig nur in der Unregelmäßigkeit. Er 
kommt zu spät in seinen Verabredungen; er erreicht den Bahnhof, 
nachdem der Zug fort ist; er trägt seinen Brief ans die Post, wenn 
sie geschlossen ist. Auf diese Weise gerät jedes seiner Geschäfte in 
Verwirrung und jeder von den Beteiligten wird verstimmt. Jin 
allgemeinen haben Leute, die nie die rechte Zeit einhalten, auch 
nie rechten Erfolg. Die Welt läßt sie beiseite liegen und sie helfen 
die Zahl der Unzufriedenen und derer vermehren, die über ihr 
Schicksal schmähen. Samuel Smiles. 
43. Selbständigkeit. 
Selbständig zu werden darrach trachtet sehnsüchtig der junge 
Mann; es kommt ihnr vor, als sei er erst Mensch geworden, wenn 
er aus eigener Tasche lebt, vom selbstverdienten Geld; und manchem 
genügt auch das nicht ein Angestellter mit genügendem Gehalt 
zu sein — nein, er möchte sein eigenes Geschäft gründen, und selbst 
wenn es ihm weit rrnsicherere Einnahmen abzuwerfen verspricht 
als die Anstellung bei einem andern. Er möchte selbständig sein. 
Nun, das Verlangen nach Selbständigkeit und Unabhängigkeit 
von den andern ist gewiß etwas Tüchtiges und Männliches, nur
	        
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