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193. Die Gewinnung der Edelmetalle.
das Gold mit Quecksilber, mit Zyankalium- oder Chlorkalklösung
ausgezogen. Besonders die Auslaugung von goldhaltigem Ge¬
stein vermittelst einer Lösung von Zyankalium, der Zyanidprozeß,
ist in neuester Zeit üblich. Während die Behandlung mittels Queck¬
silber für eine Tonne Gestein 5 Mark Kosten verursacht und nur
eine Ausbeute von 50 bis 90% des Goldgehaltes ermöglicht, stellen
sich die Kosten beim Zyanidprozeß nur halb so hoch und gestatten
das Gold bis zu 99% aus dem Gestein zu befreien. Dieses Ver¬
fahren macht die Goldgewinnung noch rentabel, wenn eine Tonne
Gestein nur 3 bis 4 g Gold enthält.
Ein solches Verfahren aber setzt Kapital voraus. Nur wer
imstande ist erhebliche Kapitalien in den Goldbergbau zu stecken,
nur der kann dieses Verfahren anwenden. Darum befinden sich
heute die bekanntesten Goldminen in den Händen von Aktien¬
gesellschaften.
Wann und wo zuerst Gold gewonnen und zu irgendwelchen
Gegenständen verarbeitet wurde, ist nicht mit Sicherheit nach¬
gewiesen und wird auch schwer zu erforschen sein. Die bisherigen
Forschungen weisen auf Ägypten. Dieses Land, das überhaupt
für die Kulturentwicklung so ungemein wichtig ist, scheint auch
in Bezug auf die Goldgewinnung maßgebend gewesen zu sein.
Von den ältesten Zeiten an läßt sich dort das Gold nachweisen.
Wahrscheinlich sind auch die dortigen Goldgruben die ältesten,
die es jemals gegeben hat. Auch bei asiatischen Kulturvölkern ist
das Gold schon Jahrtausende v. Chr. bekannt und verbreitet ge¬
wesen. Von da aus kam das Gold und die Kenntnis seiner Ge¬
winnung nach Europa. Die Griechen hatten Goldgruben im eignen
Lande und die Römer besaßen reiche Goldbergwerke in Spanien.
In spätern Jahrhunderten wurden besonders die Goldfunde in
Ungarn, Siebenbürgen, Böhmen usw. wichtig.
Einen gewaltigen Aufschwung nahm die Goldvermehrung
nach der Entdeckung Amerikas. Die Eroberung von Mexiko und
Peru brachte ungeheure Mengen von Edelmetall nach Europa.
Zu diesen neuen Goldgewinnungsgebieten traten dann im
Laufe der Zeit andre hinzu, sowohl in Nord- wie in Südamerika.
Am Anfang des 19. Jahrhunderts ging die Goldgewinnung stark
Zurück. Im 3. Jahrzehnt des genannten Jahrhunderts trat Ru߬
land in erheblicher Weise als goldproduzierendes Land auf, indem
die Goldlager am Ural und später in Sibirien ausgebeutet wurden.
Die beiden folgenden Jahrzehnte brachten dann einen sehr bedeu¬
tenden Aufschwung der Goldproduktion in Rußland.
Dann wurden die reichen Goldfelder in Kalifornien entdeckt,
die ein wahres Goldsucherfieber hervorriefen. Viele Tausende von