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statt der Vorgefundenen 200, meist armen Bewohner seiner Besitzungen
13"0 fleißige und glückliche Arbeiter und in den sogenannten Nathusiusschen
Dörfern wahre Musteranftalten. So lebte und wirkte ein echter Geschäfts-
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Am Ausgang des Mittelalters fing man in Italien an, Stifte aus
einer Mischung von Blei und Zinn herzustellen, um damit Linien und
Zeichnungen zu fertigen; man nannte sie »Bleistifte«. Diese Bezeich¬
nung wurde auch auf das jetzt unter diesem Namen bekannte Schreib¬
und Zeichnungsmaterial übertragen, obwohl unsere Bleistifte nicht aus
Blei, sondern aus Graphit hergestellt sind.
Solche Bleistifte wurden zum ersten Male 1565 in England gefertigt,
nachdem ein Jahr vorher die berühmte Graphitgrube zu Borrowdale
in Cumberland entdeckt worden war. Mit der Zeit aber nahm diese
Grube, aus deren Graphit die trefflichsten Stifte gewonnen wurden,
an Ergiebigkeit ab; daher fing man im vorigen Jahrhundert in Frank¬
reich an als Bindemittel des Graphits den Ton zu benutzen. Dieses
Verfahren führte auch die bayerische Regierung in der von ihr im
Jahre 1816 errichteten Bleistiftfabrik in Obernzell bei Passau ein, welch
letztere aber bald in Privathände überging.
Die jetzt so ausgedehnte Bleistiftfabrik in Stein, einem Dorfe un¬
weit der Stadt Nürnberg, führt ihren Ursprung auf einen sehr be¬
scheidenen Anfang zurück. Im Jahre 1761 hatte nämlich Kaspar
Faber dort mit der Herstellung von Bleistiften begonnen. Der Ab¬
satz aber war gering und Faber fuhr selbst seine Erzeugnisse auf einem
Schubkarren zu den Kaufleuten in Nürnberg und Fürth. Auch Sohn
und Enkel desselben vermochten dem Geschäfte keinen Aufschwung
zu geben; es stand ihnen nicht der kaufmännische Geist und Betrieb
fördernd zur Seite.
Erst als Johann Lothar Faber, der Urenkel des Begründers, im
Jahre 1839 die Leitung der Fabrik übernahm, kam ein neuer Geist in
das Geschäft. Am 12. Juni 1817 geboren, suchte Lothar sich eine
möglichst allgemeine kaufmännische Bildung in Nürnberg zu erwerben.
Um diese zu erweitern ging er nach Paris, woselbst das industrielle
Leben damals in vollster Blüte stand.
Hier traten dem Jüngling zuerst die grofsartigen Beziehungen, welche
Paris mit dem In- und Ausland unterhielt, lebendig entgegen; er
überschaute die Blüte einer freien, regen Industrie, die Strassen, auf
denen der Handel von der Heimat in die Ferne hinauszieht, das Bild
eines grofsartigen Verkehrs, der kein Produkt seinem Augenmerk ent¬
gehen lässt und einen ewig regen Wechsel verkehr zwischen Anbietern
und Abnehmern herbeiführt. Nun erwachte in ihm die Sehnsucht,
auch die vaterländische Industrie zu Ehren und Ansehen zu bringen