258 153. Über mitteleuropäische Zeit und Ortszeit im allgemeinen.
rührt von der Verschiedenheit der Ortszeiten her und diese hat ihre
Begründung darin, dass nur diejenigen Orte zu derselben Zeit Mittag
haben, welche unter demselben Längengrade liegen. Für östlich hegende
Orte tritt infolge der Rotation der Erde der Mittag früher ein und es
muss in demselben Augenblick ein östlich gelegener Ort eine weiter
fortgeschrittene Ortszeit haben als ein mehr westlich liegender; es
haben also je zwei unter verschiedenen Längengraden hegende Orte
verschiedene Ortszeit. Daher wurden bis vor kurzem in Preussen die
Eisenbahnfahrpläne nach Berliner, in Bayern nach Münchener und in
Österreich nach Prager Zeit auf gesteht. Diese Verschiedenheit der
Zeiten musste besonders für das reisende Publikum zu vielen Unzu¬
kömmlichkeiten Anlass geben; denn je schneller und sicherer die
Verbindungsmittel zwischen den verschiedenen Orten auf der Erd¬
oberfläche wurden, um so mehr traten die Übelstände des Zeitunter¬
schiedes zwischen zwei durch die Eisenbahn und den Telegraphen
verbundenen Orten hervor. Es lag deshalb sehr nahe nach einer
Normalzeit zu suchen, welche sich auf grosse Ländergebiete erstreckt.
Eine solche wurde auch in der sogenannten Zonenzeit gefunden.
Diese Einheitszeit wurde zunächst in ganz Deutschland nicht nur
im Eisenbahnbetrieb sondern auch im alltäglichen Leben seit
1. April 1892 unter dem Namen mitteleuropäische Zeit (abgekürzt:
M. E. Z.) eingeführt.
Es -wurde vorgeschlagen, die ganze Erdoberfläche in 24 Zonen
von je 15 Graden einzuteilen und dabei den Meridian von Greenwich
als Nullmeridian anzunehmen; ebenso sollten alle Orte, welche in eine
solche Zone fallen, zu gleicher Zeit Mittag haben oder mit anderen
Worten, sie sollten in ihren Zeitangaben vollkommen miteinander
übereinstimmen. Weiter sollen die Meridiane 0, 15, 30, 45, 60, 75,
90 u. s. w. durch die Mitte der einzelnen Zonen gehen und soll die
einem solchen Meridian entsprechende Zeit für die ganze Zone, in
welcher er liegt, als Normalzeit gültig sein. Hieraus folgt wieder,
dass die Zeitdifferenz zwischen zwei aufeinander folgenden Zonen genau
eine Stunde beträgt, da 15 Grade (der Grad zu 4 Minuten gerechnet)
15X4 gleich 60 Minuten oder eine Stunde sind. Man hat demnach
beim Übergang von einer Zone zur andern nach östlicher Richtung
seine Uhr um eine Stunde vor und nach westlicher Richtung um eine
Stunde zurückzustellen, um immer diejenige Zonenzeit zu haben, in
welcher man sich befindet.
Die mitteleuropäische Zeit fällt sonach in die zweite Zone. Man
nennt den mitteleuropäischen Meridian auch wohl den Meridian von
Stargard, obwohl diese Stadt nicht genau von ihm getroffen wird, son¬
dern etwas östlich davon liegt. Von bekannten deutschen Städten finden
wir nur Görlitz fast genau unter demselben, indem er hart an der
Ostseite der Stadt vorübergeht. Nördlich von Deutschland sehen wir