Full text: Deutsches Lesebuch für kaufmännische Fortbildungsschulen und verwandte Anstalten

16. Freundschaft. — 17. Der Geldbeutel. 21 
16. Freundschaft. 
1. Wenn jemand schlecht von deinem Freunde spricht 
Und scheint es noch so ehrlich, glaub’ ihm nicht! 
2. Spricht alle Welt von deinem Freunde schlecht, 
Misstrau’ der Welt und gib dem Freunde recht! 
Z. Nur wer so standhaft seine Freunde liebt, 
Ist wert, dass ihm der Himmel Freunde gibt. 
4. Ein Freundesherz ist ein so seltner Schatz, 
Die ganze Welt beut nicht dafür Ersatz; 
5. Ein Kleinod ist’s, voll heil’ger Wunderkraft, 
Das nur bei festem Glauben Wunder schafft; 
6. Doch jedes Zweifels Hauch trübt seinen Glanz, 
Einmal zerbrochen, wird’s nie wieder ganz. 
7. Drum wird ein solches Kleinod dir beschert, 
0 trübe seinen Glanz nicht, halt es wert! 
8. Zerbrich es nicht! Betrachte alle Welt 
Als einen Ring nur, der dies Kleinod hält, 
9. Dem dieses Kleinod selbst erst Wert verleiht; 
Denn wo es fehlt, da ist die Welt entweiht. 
10. Doch würdest du dem ärmsten Bettler gleich, 
Bleibt dir ein Freundesherz, so bist du reich; 
11. Und wer den höchsten Königsthron gewann 
Und keinen Freund hat, ist ein armer Mann. 
Bodenstedt. 
17. Per Geldbeutel. 
Wer Freunde sucht, ist sie zu finden wert; 
Wer keinen hat, hat keinen noch begehrt. 
Drei Freunde hatten sich wechselseitig gelobt, daß sie einander in allen 
Lagen und Nöten des Lebens mit solcher Aufopferung unterstützen wollten, 
als wenn sie alle drei nur eine einzige Person wären. Sie wohnten an Ver¬ 
schiedenen Orten und kamen Von Zeit zu Zeit zusammen um sich alles, was 
sie bis dahin erlebt hatten, mitzuteilen und sich ihrer Freundschaft zu freuen. 
Nun geschah es, daß einer Von ihnen in eine Geldverlegenheit geriet, die 
zwar nicht sehr drückend, aber doch von der Art war, daß es ihm sehr emp¬ 
findlich gewesen wäre, wenn er seinen Geldmangel hätte an den Tag legen 
müsien. Er schrieb sogleich an denjenigen seiner beiden Freunde, welcher 
zunächst wohnte, und bat ihn mit wenigen Worten um die erforderliche 
Summe. Am folgenden Tag empfing er auch schon das verlangte Geld. 
Ten versiegelten Beutel legte er ohne nachzusehen beiseite. Bald darauf aber
	        
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