37. Das Lied von der Glocke.
45
7. Wie sich schon die Pfeifen bräunen!
Dieses Stäbchen tauch' ich ein.
Seh'n wir's überglast erscheinen,
Wird's zum Gusse zeitig sein.
Jetzt, Gesellen, frisch!
Prüft mir das Gemisch,
Ob das Spröde mit dem Weichen
Sich vereint zum guten Zeichen!
8. Denn wo das Strenge mit dem
Zarten,
Wo Starkes sich und Mildes paarten,
Da gibt es einen guten Klang.
Drum prüfe, wer sich ewig bindet,
Ob sich das Herz zum Herzen findet!
Der Wahn ist kurz, die Reu' ist lang.
Lieblich in der Bräute Locken
Spielt der jungfräuliche Kranz,
Wenn die hellen Kirchenglocken
Laden zu des Festes Glanz.
Ach! des Lebens schönste Feier
Endigt auch den Lebensmai,
Mit deni Gürtel, mit dem Schleier
Reißt der schöne Wahn entzwei.
Die Leidenschaft flieht,
Die Liebe muß bleiben;
Die Blume verblüht,
Die Frucht muß treiben.
Der Mann muß hinaus
Ins feindliche Leben,
Muß wirken und streben
Und pflanzen und schaffen,
Erlisten, erraffen,
Muß wetten und wagen
Das Glück zu erjagen.
Da strömet herbei die unendliche
Gabe,
Es füllt sich der Speicher mit köst¬
licher Habe,
Die Räume wachsen, es dehnt sich
das Haus.
Und drinnen waltet
Die züchtige Hausfrau,
Die Mutter der Kinder,
Und herrschet weise
Im häuslichen Kreise
Und lehret die Mädchen
Und wehret den Knaben
Und reget ohn' Ende
Die fleißigen Hände
Und mehrt den Gewinn
Mit ordnendem Sinn
Und füllet mit Schätzen die duftenden
Laden
Und dreht um die schnurreude Spindel
den Faden
Und sammelt im reinlich geglätteten
Schrein
Die schimmernde Wolle, den schneeichten
Lein
Und füget zum Guten den Glanz und
den Schimmer
Und ruhet nimmer.
9. Und der Vater mit frohem Blick
Von des Hauses weitschauendem
Giebel
Überzählet sein blühend Glück,
Siehet der Pfosten ragende Bäume
Und der Scheunen gefüllte Räume
Und die Speicher, vom Segen gebogen.
Und des Kornes bewegte Wogen,
Rühmt sich mit stolzem Mund:
„Fest wie der Erde Grund
Gegen des Unglücks Macht
Steht mir des Hauses Pracht!"
Doch mit des Geschickes Mächten
Ist kein ew'ger Bund zu flechteu
Und das Unglück schreitet schnell.
10. Wohl! nun kann der Guß be¬
ginnen,
Schön gezacket ist der Bruch.
Doch bevor wir's lassen rinnen,
Betet einen frommen Spruch!
Stoßt den Zapfen aus!
Gott bewahr' das Haus!
Rauchend in des Henkels Bogen
Schießt's mit feuerbraunen Wogen.