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durch die Gunst des Volkes, zum sechsten Mal Konsul zu werden (100
v. Chr.), aber durch seine Verbindung mit dem abscheulichen Volkstribun
Saturninus und dem Prätor Glaucia verfehlte er seinen Zweck, die Vor¬
nehmen zu demüthigen, und begab sich aus Verdruß darüber einige Zeit
nach Asien. Auch nach seiner Rückkehr fand er die Partei der Vornehmen
immer noch im Besitze der Macht und des Einflusses, und sein Haß gegen
Sulla, welchen die Adelspartei Lei der -Mitbewerbuug um die Censur ihm
vorzog, erhielt durch nachfolgende Ereignisse nur noch mehr Nahrung.
Lucius Cornelius Sulla oder Sylla, einer der großartigsten,
aber auch blutdürstigsten Charactcre Roms, geb. 146 v. Chr., stammte aus
dem alten, aber herabgekommenen Geschlechte der Cornelier, genoß eine sorg¬
fältige Erziehung und Unterricht in griechischer und römischer Wissenschaft
und focht unter Marius in Afrika, wo er zuerst dessen Eifersucht erregre,
sowie später durch seinen wichtigen Antheil an dem Siege über die Eim-
bern. Ein neuer, furchtbarer Krieg mit den italischen Bundesgenossen zeigre
Sulla's kriegerische Talente in einem noch höheren Grade. Der Volkstn-
bun Livius Drusus hatte nämlich den Vorschlag, allen italischen Bundes¬
genossen das römische Bürgerrecht zu ertheilen, erneuert und ungeachtet des
Widerstandes beider Consuln durchgesetzt. Allein er ward ermordet, und das
verhaßte Gesetz vom Senate wieder vernichtet. Darüber flammte ein furcht¬
barer Aufruhr unter fast allen Bundesgenossen in Italien empor, sie ver¬
langten mit Rom gleiche Rechte und nicht mehr die Stadt Rom, sondern
das verbündete Italien sollte die höchste Macht besitzen. Eine neue
Republik mit einem Senate und zwei Consuln, eine neue Haupt- und Bun¬
desstadt, Corfinium im Lande der Peligner (nicht weit von dem heutigen
Popoli), trat Rom gegenüber. In einem mehrjährigen Kriege wurde mit
der höchsten Erbitterung gefochten und Italien schrecklich verwüstet. Marius
führte den Krieg mit vieler Behutsamkeit gegen die Mars er, weshalb der
Bundesgenossenkrieg auch der marsische genannt wird, Sulla aber zeich¬
nete sich durch eine Reihe glänzender Siege aus, welche das Ende des
Krieges, der 3O0,0OO kräftige Männer gekostet hatte, wesentlich mit herbei¬
führten (88 v. Chr.). Die Römer mußten den gerechten Forderungen der
Bundesgenossen nachgeben und ertheilten ihnen das Bürgerrecht, jedoch ver¬
leibten sie sie nicht den alten fünfunddreißig Tribus ein, sondern bildeten
aus den neuen Bürgern acht bis zehn neue Tribus, welche erst nach jenen
stimmten. Das Römerthum war durch diese Zugeständnisse erweitert, aber
ein wahres italisches Volksthum nicht hergestellt.
Noch dauerten die Zuckungen des Bundesgenossenkriegs fort und das
Heer belagerte noch die in Nola eingeschlossenen Samniter, der Konsul
Sulla aber war nach seiner glorreichen Rückkehr nach Rom durch einen
Senatsbeschluß zum Oberfeldherrn gegen den König Mithridates von
Pontus in Kleinasien ernannt worden; als der greise Marius, von Ehr¬
geiz und Eifersucht gegen seinen alten patrizischen Nebenbuhler geplagt, durch
einen vom Volkstribun Sulpicius erregten Ausstand gegen die Consuln,
den Senat und einen großen Theil der alten Bürger es durchsetzte, daß
jener Senatsbeschluß vernichtet und er mit der Führung des Mithridatischen
Kriegs beauftragt wurde. Sulla floh zum Heere vor Nola, stellte ihm die
ihm von Marius und Sulpicius angethane Schmach vor und forderte es
auf, ihm zu helfen. Durch schlaue Kunstgriffe brachte es Sulla dahin, daß