Full text: Welcher die Geschichte des Alterthums und des Mittelalters enthält (Bd. 1)

gab er den Bitten der Freunde nach und flüchtete sich auf ein nahes Land¬ 
haus. Hier auf diesem Landhause betete der Bischof inbrünstig für die 
ganze Kirche. Als ihm das Haus nicht mehr sicher zu sein schien, floh 
er nach einem andern, und auch hier, von einem der Folter unterliegenden 
Sclaven verrathen, hätte er sich noch auf den Söller eines anstoßenden 
Hauses retten können, allein mit den Worten: „Der Wille des Herrn ge¬ 
schehe ! “ — überlieferte er sich den Polizeidienern. Aus dem Wege zur Stadt 
kam ihm der Polizeimeister mit seinem Vater entgegen, nahm ihn freundlich 
von seinem Esel zu sich aus den Wagen und redete ihm zu, den Kaiser 
seinen Herrn zu nennen und zu opfern. Ernst schweigend hörte der Bischof 
zu, als sie aber heftiger in ihn drangen, erklärte er rund heraus: „Ich 
werde nicht thun, was ihr mir rathet." Da ergrimmten die beiden und 
stießen ihn mit harten Worten aus dem Wagen hinans, so daß er sich 
am Fuße verletzte. Polycarp setzte seinen Weg zum Proconsul fort und 
von diesem aufgefordert, seines hohen Alters zu schonen, bei dem Genius 
des Kaisers zu schwören und Christo zu fluchen, sprach er das entschieden 
abweisende Wort: „Sechsundachtzig Jahr habe ich nun Christo gedient, nnd 
nie hat er mir Uebles gethan, wie könnte ich ihm fluchen meinem Herrn und 
Heilande!“ Nachdem der Proconsul ihm noch mit den wilden Thieren 
und dem Feuertode umsonst gedroht hatte, gab er endlich dem wüthenden 
Volksgeschrei nach und verurtheilte ihn zum Scheiterhaufen, wozu das Volk 
und besonders die Juden eifrig Holz berbcitrugen. So endete Polycarp 
mit noch elf andern Christen aus Philadelphia. Dies geschah um das 
Jahr 167. — Die Gemeinde sammelte seine Gebeine, die ihr kostbarer 
waren als Gold und Edelsteine, und setzte sie an dem geziemenden Orte 
bei, in der Hoffnung, sich in heiliger Freude an seinem Grabe zu versam¬ 
meln und das Geburtsfest seines Märtyrerthums zu feiern, zum Gedächtniß 
Derer, welche den guten Kampf ausgekämpft haben, und zur Vorbereitung 
Derer, welche ihn noch kämpfen sollen. — So erzählt die Gemeinde von 
Smyrna den Hingang ihres Bischofs in einem Rundschreiben an die andern 
Christengemeinden. 
§ 36. Das römische Reich von Commodus bis zum Tode Con- 
stantin's des Großen (180 — 337). 
I. Die römischen Kaiser von Commodus bis auf Alexan¬ 
der Severus (180 — 235 n. Chr.). — Die Sassaniden 
226 n. Chr.). 
Das Glück, welches Rom seit Nerva's Zeiten genossen hatte, endete 
jetzt auf eine schmachvolle Weise; denn es war nicht hervorgegangen aus 
Tugend und volksthümlicher Kraft, sondern hatte abgehangen von dem gu¬ 
ten Willen der Herrscher. Mit dem Commodus (180— 192), des 
Mark Aurel unwürdigem Sohne, welcher die Regierung seinen niedrigen 
Günstlingen überließ, als römischer Hercules bei den Thier- und Fechter¬ 
kämpfen öffentlich 375 mal auftrat und gegen die Besten des Volks mord¬ 
süchtig wüthete, begann die Zeit wieder finster zu werden. Der alte Sol-
	        
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