Full text: Welcher die Geschichte des Alterthums und des Mittelalters enthält (Bd. 1)

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Treue gegen seinen Sohn und ließ dann ein feierliches Hochamt in der 
Kirche halten, wobei er noch einmal in seiner kaiserlichen Pracht erschien, 
wiewohl schon sehr schwach und auf seinen Sohn gestützt. Dann knieten 
beide nieder und beteten lange, und auf dem Aliare vor ihnen lag eine 
Kaiserkrone. Als sie sich erhoben hatten, sprach der Kaiser mit lauter 
Stimme zu seinem Sohne und vor den Bischöfen und Grafen und unzäh¬ 
ligem Volke ermahnte er ihn zum letzten Male, er solle Gott allezeit vor 
Augen haben, die Kirche solle er schützen vor Bedrückung und Unbill, die 
Bischöfe ehren als seine Väter, das Volk lieben wie seine Kinder, den 
Frevlern ein strenger Richter sein, den Armen ein Vater, Gerechtigkeit solle 
er üben gegen Jedermann, und selber unsträflich wandeln vor Gott und 
allem Volke. Ludwig gelobte es zu thun mit Gottes Hülfe. Da befahl 
der Kaiser, daß er die Krone voni Altare nehme und zum Zeichen des 
Kaiserthums selbst sich auf das Haupt setze. Ludwig that wie ihm gehei¬ 
ßen, und sie stimmten mit allem Volke den Lobgesang an und kehrten in 
den Palast zurück. 
Also schloß Karl mit der Welt ab und lebte nur noch still in seinen 
Gemächern dem Gebet und der Betrachtung der göttlichen Dinge. Endlich 
zu Anfang des Jahres 814 verfiel der zweiundsiebzigjährige Greis in ein 
heftiges Fieber. Als er fühlte, daß er seinem Ende nahe sei, ließ er 
einen getreuen Bischof kommen und einpfing aus seiner Hand das heilige 
Abendmahl. Am Morgen des 28. Januar war seine letzte Stunde gekom- 
men. Da bezeichnete er sich mit dem heiligen Kreuze, faltete die Hände 
über die Brust und betete mit leiser Stimme: „Herr, in deine Hände be¬ 
fehle ich meinen Geist!" Mit diesen Worten verschied er nach einer sieben- 
undvierzigjährigen ruhmvollen Regierung. Unter allgemeinem Wehklagen des 
Volks erfolgte die feierliche Bestattung im Dom zu Aachen, wo der Leich¬ 
nam des Kaisers, bekleidet mit den kaiserlichen Gewändern und der Krone 
und umgürtet mit dem Schwerte, auf einem Thron in der Nische des 
Grabgewölbes beigesetzt wurde. Auf seinen Knieen lagen die Evangelien, 
zu seinen Füßen das Seepter und der kaiserliche Schild, so daß er auch 
im Tode als Kaiser zu herrschen schien. Papst Paschalis Ul. hat ihn 
späterhin unter die Heiligen der katholischen Kirche versetzt und dadurch den 
durch so viele große Thaten ausgezeichneten Krieger und Gesetzgeber auch 
zu den Helden der Kirche gezählt.
	        
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