301
seines Kaiserrechts in Rom noch zur Wiederherstellung der Herrschaft der
Deutschen in Italien. Zufrieden mit dem Gewinn ansehnlicher Geldsummen,
für die er den Jtaliänern Hoheitsrechte des Reichs und andere Gunstbezei¬
gungen verkauft hatte, von den Gneisen verspottet, von den Ghibellinen
verwünscht, eilte Karl nach Deutschland zurück. Hier erließ er 1356 das
deutsche Grundgesetz bei der Kaiserwahl, die goldene Bulle, das Ein¬
zige von Bedeutung, was er für das Reich gethan hat. In den ältern
Zeiten wurden nämlich, wie wir früher bemerkt haben, die deutschen Kaiser
von allen unmittelbaren Reichsvasallen geistlichen und weltlichen Standes
gewählt und selbst das Volk nahm Antheil an der Wahl. Das war aber
nach und nach abgekommen, und nur die mächtigsten Fürsten erkoren das
Reichsoberhaupt. Da es nun oft sehr unordentlich bei dieser Kur herge¬
gangen war, so sollten hinfort nur sieben Fürsten den Kaiser wählen und
den Rang von Kurfürsten einnehmen: die geistlichen Kurfürsten von
Mainz, Trier, Köln; der König von B ö h m e n als Erzmundschenk
des Reichs, der Kurfürst von der Pfalz als Erztruchseß, der von Sach¬
sen-Wittenberg als Erzmarschall und der von Brandenburg als
Erzkämmerer. Außer der Kaiserwahl erhielten die Kurfürsten, die man mit
den sieben Leuchtern der Offenbarung verglich, auch noch ein zweites wich¬
tiges Vorrecht, daß es nämlich keinem ihrer Unterthanen erlaubt sein sollte,
an den Kaiser zu appelliren, es sei denn bei Rechtsverweigerung — also
beinahe die volle Souveränetät oder Landeshoheit. Auch noch andere Ver¬
ordnungen enthielt die goldene Bulle: über Landfriedensbruch, Mißbrauch
des Münzrechts, eigenmächtige Errichtung neuer Zollstätten u. dgl. m., aber
sie wurden wenig beachtet. Uebrigens war die goldene Bulle nur darauf
berechnet, die Ehre, Größe und Macht des Hauses Luxemburg im deutschen
Reiche zu gründen, für des deutschen Volkes Einheit und Kräftigkeit, Sicher¬
heit und Freiheit ist sie keineswegs heilsam gewesen.
Durch die goldene Bulle verlor jedoch auch der Papst seinen Einstuß
aus die Kaiserwahl. Um seinen Zorn darüber zu besänftigen, gab ihm
Karl in andern Stücken nach. Ja, vom Papst dringend aufgefordert, sich
der Kirche gegen die entsetzlichen Frevel des Galeazzo Visconti zu Mailand
anzunehmen, zog er im Jahr 1368 noch einmal mit einem bedeutenden
Heere über die Alpen und führte zum Staunen der Römer in einem Auf¬
tritte voll Pracht und Demuth den heiligen Vater, Urban V., in die ver¬
waiste Weltstadt zurück. Der Papst gab aber bald den Bitten der fran¬
zösisch gesinnten Cardinäle nach, welche sich unter dem schönen und milden
Himmel Südfrankreichs wohler fühlten, und verlegte schon 1370 seine
Residenz wieder nach Avignon. Erst sein Nachfolger, Gregor XI., kehrte
1377 unwiderruflich zur großen Freude der Römer nach Rom zurück.
V. Karl's IV. Walten in seinen Erb landen.
Während sich Karl IV. um Deutschland fast gar nicht bekümmerte,
außer wo es baranf ankam, seine Hausmacht zu mehren, richtete er dagegen
seine ganze Aufmerksamkeit daraus, sein Erbland Böhmen zu vergrößern,
abzurunden und durch Betriebsamkeit, Künste und Wissenschaften zu heben.
Er brachte durch einen Erbvertrag (1363) die Mark Brandenburg, Schle¬
sien und die Niederlausitz durch Kauf (1368) und die Oberpfalz an sein