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steil Klassen der Bürger drang. Aber auch nach Außen suchte er seiner
Vaterstadt den ersten Rang zu verschaffen. So bildete Athen mit seinen
20 — 30,000 freien Bürgern (die übrigen 400,000 waren Sclaven oder
Schutzverwandte ohne staatsbürgerliche Rechte) die Hauptstadt eines Staaten-
bundes, der von der Nahe Cyperns bis an das Schwarze Meer und an den
metallreichen Küsten Thraciens gegen 40 Inseln umfaßte. Ja, Pericles küh¬
ner Geist strebte noch weiter, er machte den Vorschlag, alle griechischen
Städte und Staaten in Europa und Asien zu einer großen Eidgenossenschaft
zu vereinigen und Athen, als würdigste Vertreterin Griechenlands, zum stän¬
digen Vorort des Bundes zu erheben, wo die gemeinsamen Angelegenheiren
von Hellas berathen werden sollten. Allein dieser patriotische Gedanke schei¬
terte an der Eifersucht der beiden griechischen Hauptstaaten, Athens und
Sparta's. Schon aus dem Schlachtfelde von Platää führte die Eifersucht
fast zu erklärter Feindschaft; des Pausanias herrschsüchtiges Benehmen, sowie
des Aristides hohe Tugenden bewogen die Bundesgenossen, die Leitung der
gemeinen Sache den Athenern zu übertragen, welche später keine Grenze ihrer
Herrschsucht anerkannten; Lacedämon dagegen sah sich die Oberleitung der grie¬
chischen Angelegenheiten mitJngrimm entwinden und beobachtete scharf, wo cs
wieder ein Glied aus der athenischen Bundeskette herausreißen könnte. Noch
gelang es im Jahr 445 zwischen Athen und Sparta einen Frieden auf 30
Jahre zu schließen; allein die Feindschaft, welche die einzelnen Staaten in
zwei große Verbindungen trennte, schlug schon im vierzehnten Jahre des Friedens
in eine allgemeine Kriegsstamme aus, welche unter dem Namen des pelo-
ponnesischen Krieges achtundzwanzig Jahre lang ganz Griechenland ent¬
setzlich verwüstet, geschwächt und an den Rand des Abgrundes gebracht hat,
so daß es späterhin eine leichte Beute fremder Eroberung wurde. Im dritten
Jahre des Kriegs (429 v. Chr.) starb Pericles, der in seines Lebens letzten
Jahren noch vielen Jammer erfahren mußte, zu Athen an der Pest.
§ 14. Das Denkwürdigste aus dem peloponncsischen Kriege (431
bis 404 v. Chr.) Alcibiades. Lysander.
Wenn die Gemüther in feindseliger Spannung sind, so finden sich die
Anlässe zum Ausbruche des Kampfes leicht. So auch damals. Die Spar¬
taner mischten sich nämlich in die Händel, welche ihre Bundesgenossen, die Ko¬
rinther, mit den Athenern hatten, und schrieben ihnen erniedrigende Bedingun¬
gen vor. Noch mehr, im Frühlinge des Jahres 431 überfielen die Theba-
ner das mit Athen befreundete Platää und eröffneten so im eigentlichen
Griechenland den blutigen Bürgerkrieg. Zu Sparta hielt fast der ganze
Peloponnes und auch in dem übrigen Hellas hatten die Spartaner Ver¬
bündete an den Böotiern, Lokrern und Phociern. Mit 60,000 Mann fiel
der Spartanerkönig Archidamus in Attica ein, dessen Bewohner auf Pericles'
Rath ihre Felder der Verwüstung preisgaben und in das starkbefestigte,
meerbeherrschende Athen sich flüchteten. Auch die Athener hatten schon seit
langer Zeit gerüstet und besaßen außer einem reich gefüllten Staatsschätze
und außer den 16,000 Mann Vesatzungstruppen — 13,000 Schwerbewaff¬
nete, 1600 Bogenschützen und 1200 Reiter. Ihre Flotte bestand aus 300
Dreiruderern (Triremen) und hatte eine Bemannung von 50,000 Seeleuten.
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