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prüfte sie und fand, dass nur die von niederer Geburt 
durch Fleiss sich auszeichneten, die Söhne der Reichen 
aber träge und nachlässig waren. Da stellte er jene 
zu seiner Rechten, sie belobend und ihnen Vergeltung 
verheissend, die anderen zu seiner Linken, sohalt sie 
weichliche, platte Junker, deren Adel er gar gering 
achte, und schwur, dass sie von ihm nichts Gutes zu 
erwarten hätten, wofern sie sich nicht besserten. Alle 
sollten wenigstens den Glauben und das Vaterunser 
beten lernen. Selbst unwissende Priester konnten und 
mussten in den Schulen das Versäumte nachholen, bei 
Verlust ihrer Pfründen. 
4) Den Gipfel menschlicher Grösse erstieg Karls 
Ansehen und Machtim zweiunddreissigsten Jahre seiner 
Regierung durch seine Krönung zum römischen Kaiser. 
Gleich wie früher seine Vorfahren hatte der apostolische 
Stuhl Karin zu seinem Schutzherrn angenommen, und 
durch die Eroberung der Lombardei über einen grossen 
Teil von Italien gebietend, war auch dieser um so 
mehr im Stande, als solcher zu handeln. — Der Papst 
(Leo III.) hatte durch Abstellung einiger Missbrauche 
Anlass zu einer Verschwörung gegeben. Bei einem 
geistlichen Aufzuge ward er unter dem Beistände des 
Volks von zwei Verschworenen vom Pferde gerissen 
und schrecklich misshandelt. Er war jedoch so glück¬ 
lich zu entfliehen, und der Gemisshandelte suchte nun 
Schutz und Gerechtigkeit bei seinem Schirmherrn, der 
damals gerade in Paderborn Hof hielt. Karl empfing 
seinen Gast mit grossen Ehren, sagte ihm Hilfe zu, 
und Leo kehrte, von Bischöfen und Grafen begleitet, 
nach Rom zurück, wo fränkische Richter die an ihm 
begangene Unthat streng untersuchten. Im Jahre darauf 
(800) reiste Karl selbst nach Rom, bestieg als Schieds¬ 
richter seinen Stuhl und fällte über einige Rädels¬ 
führer das Todesurteil, welches indessen des Papstes 
Fürbitte in Verbannung umwandelte. Am Weihnachts¬ 
fest desselben Jahres, als im Dom zu St. Peter auch 
Karl dem Hochaltare betend gegenüber kniete, ging 
plötzlich Leo, wie von göttlicher Eingebung getrieben, 
auf ihn zu, setzte ihm eine Krone auf das Haupt, und 
die Kirche widerhallte von dem freudigen Zurufe des
	        
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