§ 9. Heinrich IV. (1056-1106.)
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als seinen Nachfolger hinterließ. Dies war Heinrich IV. Für den §et^®bIV-
unmündigen Sohn übernahm seine Mutter, die Kaiserin Agnes, die Re-
gierung. Sie war eine fromme Frau, die ihren Sohn gut zu erziehen ver-
suchte und mit Hilfe einiger Großen des Reiches auch sich um die Verwaltung
bemühte. Aber ihr Regiment mißfiel bald den herrischen Reichsfürsten,
welche die Macht des Königs schwächen zu können glaubten. So bildete sich
eine Verschwörung, an deren Spitze der strenge, ehrgeizige Erzbischos Anno
von Köln stand. Als die Kaiserin mit ihrem jungen, zwölfjährigen Sohn
in Kaiserswerth am Rhein (bei Düsseldorf) Hof hielt, lockte man den Knaben
auf ein prächtiges Schiff, das der Erzbischos sich hatte bauen lassen. Während
Heinrich in knabenhafter Neugier alles bewunderte, stießen die Ruderer
plötzlich vom Lande ab und lenkten, ungeachtet aller Bitten des Knaben, das
Schiff in den Strom, um nach Köln zu fahren. In der Verzweiflung sprang
Heinrich, um zu seiner Mutter zurückzugelangen, in den Fluß und wurde nur
mit Mühe gerettet. Von da an blieb er unter der Obhut Annos, der ihn
mit großer Strenge erzog. Dies mißfiel dem stolzen, leidenschaftlichen
Knaben, und so flüchtete er bei einer Gelegenheit zu dem Erzbischos
Adalbert von Bremen, der den jungen König viel freundlicher be-
handelte und ihm volle Freiheit gewährte. Doch war dies sehr Verhängnis-
voll, da die Begierden Heinrichs dadurch immer maßloser wurden. Schon
mit 15 Jahren trat er die Regierung als selbständiger König an»
Bald zeigte sich, wie wenig König Heinrich IV. zu herrschen verstand. S^eitigkeuen
Obwohl hochbegabt, von großer Entschlossenheit und Tapferkeit, fehlte ihm mtt den
vor allem das richtige Maßhalten, sowohl in seinen eigenen Begierden, als ®Qc^e"'
auch in seinen Herrschertaten. So fing er zuerst an, die Sachsen zu be-
drücken. Mit fernem ganzen Hofe, dessen Unterhalt viel Geld kostete, wohnte
er im Herzogtum Sachsen, baute sich dort Burgen, wie die Harzburg,
und legte dem Volke schwere Steuern auf. Dies brachte die Sachsen zur
Empörung, und mit einem großen Heere zogen sie vor die Harzburg, so daß
Heinrich nur mit wenigen Getreuen in einer dunklen Nacht sich durch die
Schluchten des Gebirges nach seinem Herzogtum Franken retten konnte.
Die erbitterten Sachsen zerstörten alle Burgen und gingen in ihrem Grimme
so weit, auch die Kirchen nicht zu schonen. Dies erregte den Unwillen der
deutschen Fürsten, welche sonst Heinrichs Gegner waren. Sie brachten ein
Heer zusammen, an dessen Spitze Heinrich in das Land seiner Feinde ein-
drang. In einer blutigen Schlacht (1075), in welcher der König selbst aufs
tapferste kämpfte und viele Feinde mit eigner Hand niederhieb, wurden die
Sachsen vollständig geschlagen; ihr unglückliches Land war damit der Rache
des Königs ausgeliefert.