117. Der englisch-französische Successionskrieg. sisil
Einwohner erbarmungslos hingeschlachtet wurden, dann kehrte er nach
England zurück, wo er 1376, ein Jahr vor seinem Vater, starb.
Die Schwäche der Regierungen in England und in Frankreich führ¬
ten zu so verderblichen Parteiungen im Inneren beider Länder, daß der
auswärtige Krieg sehr lau betrieben wurde und bald ganz ruhte, bis
zum Jahre 1415. Während nämlich in England Richard II., der
Sohn des schwarzen Prinzen, durch den Herzog Heinrich von Lan¬
caster, einen anderen Enkel Eduard's III., gestürzt wurde und im Ge¬
fängnisse wahrscheinlich durch Hunger umkam, der Usurpator Hein¬
rich IV. aber unter beständigen Verschwörungen regierte, war der Zu¬
stand Frankreichs noch trostloser. Denn während der Minderjährigkeit
Karl's VI. und später in Folge seiner oft wiederkehrenden Geistes¬
krankheit, stritten sich der Herzog Ludwig von Orleans, des Königs
Bruder, mit dem Herzog Philipp von Burgund, dem Oheime des Kö¬
nigs und nach dessen Tode (1404) mit dessen Sohne, Johann dem Un¬
erschrockenen, um die Regentschaft. Die Spannung zwischen beiden Häu¬
sern wuchs, trotz aller Versuche, sie auszugleichen, in der bedenklichsten
Weise. Der Herzog von Orleans, welcher nicht nur maßloser Aus¬
schweifungen, sondern auch eines allzu vertraulichen Verkehres mit der
Gemahlin seines Bruders, der Königin Jsabeau, beschuldigt wurde, ward
eines Abends, unweit des Tempels in Paris, von verkappten Meuchel¬
mördern überfallen und getödtet (1407). Offen erklärte Johann von
Burgund, er habe das Reich von seinem schlimmsten Feinde befreit, und
seitdem wüthete in Frankreich ein wilder Bürgerkrieg.
Diesen hülflosen und verzweifelten Zustand Frankreichs benutzte
Heinrich V. von England, um mit den übertriebensten Forderungen
hervorzutreten und die sehr mangelhaften Ansprüche Eduard's III. zu
erneuern. Durch die Gegenvorschläge, welche der damalige Regent
Frankreichs, Herzog von Berry, der alte Oheim Karl's VI., machte,
kam die Ohnmacht des Reiches hinlänglich zu Tage. Im August 1415
lief eine englische Flotte, bemannt mit 30,000 Streitern und geführt
von Heinrich V. selbst, in die breite Seinemündnng ein. Doch bei der
Belagerung von Harfleur schmolz das Heer durch eine heftige Seuche
schon fast aus die Hälfte zusammen. Die noch übrige Hälfte zog nach
der Uebergabe von Harfleur über die Somme und stieß beim Schlosse
Azincourt*) auf 50,000 Mann Franzosen. Allein dieser Uebermacht
fehlte jede einheitliche Führung, denn die Spaltungen der Nation und
des Hofes reichten aufs verderblichste bis ins Feldlager. So kam es
denn, daß die fast an Verzweiflung grenzende Begeisterung der Englän¬
der, die geschickte Anwendung ihrer nationalen Waste (der Bogen) und
der rasche, taktische Blick des wahren Feldherrngenies ihres Königs
die Blüte des übermüthigen französischen Ritterthums mit außerordent¬
lich geringem eigenem Verluste (von kaum 1000 Schützen) vernichtete
(25. October); unter den.10,000 gefallenen Franzosen waren allein
') Pauli schreibt: Agincourt.s