Full text: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

Wie die Eisenbahn die gewerbliche Arbeit fördert. 
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an dem Bahnsteig vorüber, kehrte dann im schnellsten Laufe zurück 
und stand wie auf einen Wink unter der Halle still. Stürmischer 
Beifall empfing Borsig und seinen „Borsig“, und die Engländer 
machten lange Gesichter, als der Führer ihnen zurief: „Sehen Sie, 
meine Herren, sie geht! Sie ist also in Wahrheit eine Lokomotive!“ 
Nun wurde ein offener Wagen angehängt; die Herren stiegen ein, 
und auf einer Fahrt nach Großbeeren führte Borsig sein Dampfroß 
in allen Gangarten vor. Die Bahnleitung schloß nun mit dem glück¬ 
lichen Erbauer einen Vertrag ab, wonach sie sich verpflichtete, 
fernerhin alle aus seiner Maschinenbau-Anstalt hervorgehenden Loko¬ 
motiven auf der Anhalter Bahn zu verwenden. So wurde Borsig 
durch diese Tat, welche unsere heimische Eisenindustrie von dem 
Übergewichte Englands befreite, der deutsche Stephenson. Schon 
im Jahre 1846 verließ die 100. und zwei Jahre später die 200. Loko¬ 
motive die Borsigsche Fabrik. Auch Kohlen und Schmiedeeisen 
wollte der Fabrikherr nicht mehr aus England beziehen. In Moabit 
bei Berlin legte er deshalb ein großartiges Eisenwerk an, und in 
Schlesien erwarb er Steinkohlenbergwerke. Im Jahre 1854 konnte 
Borsig die Vollendung der 500. Lokomotive feiern. Die Fabrik¬ 
gebäude prangten in buntem Flaggenschmuck, und ein Festzug 
von mehr als 1000 wackeren Eisenmannen begleitete die bekränzte 
Jubellokomotive nach der Anhalter Bahn. Nachher versammelten 
sich die Arbeiter mit ihren Frauen zu einem Festschmause. „Esset 
und trinkt, Kinder!“ rief Borsig, „bei der 1000. wollen wir ver¬ 
gnügter sein!“*). Als ihm der damalige Handelsminister seine Er¬ 
nennung zum Kommerzienrat überreichte, sagte er gerührt zu seinen 
Genossen gewandt: „Kinder, die Ehre gebührt nicht mir allein; ihr 
habt Teil daran, und darum nehme ich sie an in eurem Namen. 
Laßt uns zeigen, daß wir noch Größeres zu erreichen im stände 
sind!“ 
Doch diese Hoffnung sollte nicht erfüllt werden. Schon im 
Sommer desselben Jahres verschied Borsig nach kurzer Krankheit. 
Sein Sohn setzte des Vaters Werk fort, welches sich unaufhörlich 
vergrößerte. Das Anwachsen der Riesenstadt Berlin hat die Borsig- 
schen Fabriken aus dem Stadtbezirke verdrängt; im Jahre 1897 sind 
sie nach Tegel hinaus verlegt worden. 
Seine Feierstunden verbrachte der Lokomotivkönig am liebsten 
in seinem Heim, im trauten Familienkreise oder im Umgang mit 
Gesinnungsgenossen, zu denen auch sein ehemaliger Lehrer Beuth 
sich gesellte. Borsig segnete ihn für das gewaltsame Eingreifen in 
sein Schicksal und nannte ihn dankbaren Herzens „den Weichen¬ 
steller Seiner Lebensbahn“. Nach Hermann Jahnke. 
*57, Wie die Eisenbahn die gewerbliche Arbeit fördert. 
i. Da, wo die Ruhr aus Westfalen in das Rheinland tritt, wird 
sie von mäßigen Anhöhen begleitet, die sich in einiger Entfernung 
von ihren Ufern hinziehen. Solch ein Hügel bildete das Besitztum 
*) Kürzlich hat die Fabrik die 5000. Lokomotive geliefert. 
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