Full text: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

120 
Weithin hat sich die Stadt ausgebreitet. Hunderte van Schorn¬ 
steinen rauchen, schaffenssreudig ist ein neues Geschlecht bei der 
Arbeit, und die feurige Lahe färbt weithin den nächtigen Hinnnel. 
Erfindung reiht sich an Erfindung. Was sich heute noch für lebens¬ 
kräftig hält, wird morgen schon verworfen, und der Zukunft Bild 
strahlt auch hier im Glanze der Elektrizität. ^ gar[ ?rümer 
49. Im niederdeutschen Moor. 
Zwischen Bremen und Hamburg, unseren größten Verkehrs¬ 
und Handelsstädten, mit ihrem auf Jahrhunderte zurückreichenden 
Weltruf, befindet sich ein Landstrich, das Teufelsmoor genannt, 
welches bis vor etwa 10 Jahren wenig bekannt oder als ein 
Landstrich der Abgeschlossenheit, Verlassenheit und bar alles landschaft¬ 
lichen Reizes angesehen wurde. Erst einer Gruppe Düsseldorfer Maler 
war es vorbehalten, durch ihre Gemälde voll Farbenreichtum diese 
bisher ängstlich gemiedene Gegend der Torfbauern in aller Welt 
bekannt zu machen. Das Geheimnisvolle, Märchenhafte, das im 
Moore lebt, ist zuerst vom Künstler erfaßt und der großen Welt, 
die hierfür ein offenes Auge hat, in seinen Werken vorgeführt worden. 
Das Moor ist freilich ein besonderes Stück Erde. Zwei Wege 
führen heute hinein. Der eine, mit der Bahn von Bremen, der 
bequemere und moderne, führt zunächst an bereits abgebauten 
Moorstrichen vorüber. Fast überall breitet sich an Stelle des 
früheren Moorbodens das saftige Grün der jungen Saaten aus. 
Die Bauernhäuser zeigen Wohlhabenheit und Ordnung. Mit ihrem 
hellgrün gestrichenen Balkenwerk, ihrem Ziegelfachwcrk itnd ihren 
blanken Fensterscheiben offenbaren sie das Wesen ihrer Bewohner, 
die schwerfällig aber sicher über ihre Felder schreiten. Ungebrochene 
Kraft lebt in diesen Menschen. In ihrer Kleidung lieben sie die 
grellen Farben. Rote, bis an den Hals reichende Bauernwesten, 
blaue derbe Fausthandschuhe, moosbraune Hosen und graugrüne 
Mützen — nichts von den matten, gedämpften Farben der Stadt- 
kleiduttg. 
Der schönere und reichere Weg ist jedoch der andere; einfacher, 
beschwerlicher und zeitraubender, aber köstlicher. Bis zu dem stillen 
Städtchen Osterholz mit der Bahn, dann hinab in ländlichem 
Fuhrwerk nach den meilenweiten Hammerwiesen bis ttach Tietgens- 
hütte und von hier mit den heimkehrenden Torfbauern bis Ren- 
Helgoland mit einem Torfkahn. Solch' eine Fahrt in einem 
Torskahn ist zugleich eine Einführung in das Wesen der Land¬ 
schaft. Still und geräuschlos gleiten die schwarzen, schweren Boote 
tmter dem Druck des braunroten Segels über das schwarze, torf¬ 
haltige Wasser, das wie ein Bronzestrom langsam dahinfließt. 
Durch das Grün der flachen Wiesen zu beiden Seiten zwängt
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.