Full text: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

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Preisen angeboten werden, die zu den Herstellungskosten in keinem 
Verhältnis stehen. Wie es im einzelnen hier zugeht, das zu er¬ 
örtern kann nicht unsere Aufgabe sein, erwähnenswert erscheinen 
nur die Resultate bei zahllosen öffentlichen Verdingungen, die 
oft genug die breitere Öffentlichkeit beschäftigt haben. Wenn der 
Handwerker alsdann von der Kundschaft für seine Arbeit angemesseue 
Preise verlangt, wird er nur zu leicht als unreell verschrieen. Doch 
bedarf es nicht einmal des Rückschlusses auf eine öffentliche Ver¬ 
dingung, um die Notwendigkeit der Kalkulation zu erläutern, sondern 
es genügt schon ein Blick auf das tägliche Leben, um zu erkennen, 
wie sehr eine Vorsicht in der Preisberechnung notwendig ist. Ein 
größerer Teil der Handwerker ist nur zu leicht geneigt, unter ge¬ 
wissen Umständen, vielleicht weil seine Kunden sich in vorzüglicher 
Vermögenslage befinden, Preise für denselben Gegenstand zu for¬ 
dern, die denjenigen, die er bei anderer Gelegenheit erhalten hat, 
bedeutend überlegen sind. Sobald ein derartiges Verfahren ein¬ 
mal weiter bekannt ist, ist es um den Ruf des Handwerkers voll¬ 
ständig geschehen, und er wird den Anschein der Unreellität niemals 
wieder beseitigen können. 
Wenn wir jedoch von allen diesen Punkten absehen und 
sagen, daß der Handwerker bei starkem Angebot unter Umständen 
geneigt sein wird, den Preis unter das übliche Maß herabzusetzen, 
so erkennen wir um so mehr, wie notwendig gerade unter diesen 
Verhältnissen eine genaue Kalkulation ist. Denn wo soll der Hand¬ 
werker die Grenze finden, an der sein Verdienst aufhört und der 
Verlust anfängt? Wie soll er wissen, bis zu welchen! Preis er 
gehen kann, ohne einen direkten Schaden zu erleiden, wenn nicht 
die Kalkulation hier helfend eintritt. Unter die Selbstkostengrenze 
wird der Handwerker niemals gehen können und dürfen, eine 
Grenze nach unten wird er auch bei der schärfsten Konkurrenz unter 
keinen Umständen überschreiten dürfen, nämlich diejenige des Selbst¬ 
kostenpreises. Diesen Selbstkostenpreis seiner Ware, seiner Arbeit 
soll die Kalkulation ihm zunächst genau anzeigen, sie soll ihm klar¬ 
machen, wo die Grenze, unter die er niemals gehen darf, beginnt. 
Die Kalkulation hat den Zweck, den Bezugspreis oder den 
Herstellungspreis von Waren und Gegenständen zu ermitteln, unter- 
genauer Berechnung sämtlicher darauf ruhenden Unkosten, Arbeits¬ 
löhne, Abnutzung und Verzinsung der Werkzeuge und Maschinen 
usw. Aus dieser Berechnung des wirklichen Herstellungspreises ergibt 
sich alsdann die Berechnung des Verkaufspreises der Waren. Man 
sieht hieraus, daß die Ergiebigkeit eines Geschäftes im wesentlichen 
von der sorgfältigen Kalkulation der hergestellten Waren abhängt 
und daß eine Nachlässigkeit auf diesenr Gebiete für das Geschäft 
von den schwersten Folgen begleitet sein uruß. Gustav Koepper.
	        
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