338
langer Tunnel, der durch diesen künstlichen Berg führt, dient dazu,
den rüstigen Wanderer sowohl als auch den langsam dahinklingelnden
Lokalzug nach Milspe zu geleiten. Ein wunderbares Tal ist dies,
in welches wir nun eintreten; von drei Seiten abgeschlossen, lagert
in diesem Winkel eine Ruhe und Wärme, die im Lenz das erste
Grün an seinen bewaldeten Hängen sprossen läßt und es bis lange
hinzu in den Herbst vor der Vernichtung bewahrt.
Das anmutig im Tal gelagerte Milspe durchschreitend, be¬
merken wir, daß auch hier die Industrie sich vorwiegend auf die
Kraft des kleinen Flusses stützt, dessen Ufer wir uns nun 311 ver¬
lassen anschicken. In der Nähe des auf einem vorspringenden Hügel
gelegenen Kirchleins trennen sich die Wege: links geht's mit der
Ennepe nach Altenvörde zu, rechts im Rahlenbecketal nach Schwelm
und geradeaus geht's unserem Ziele entgegen. Ein murmelndes
Bächlein ist unser Begleiter: die Heilenbecke, deren Lauf ganz in
unserer Nähe in einem Hammerteiche sein Ende findet. Man kann
sich nicht wohl etwas Anmutigeres denken als das Tal, in dem
unser Weg dahinführt, immer geleitet von dem niederen Bächlein
im Buschversteck. An beiden Seiten treten die bewaldeten Hügel
dicht an den Weg heran, uur hier und dort wird der Zwischenraum
größer, und hochbestandene, bunte Wiesen nehmen ihn ein. Nun
folgt ein Werk, aus dem die unzählbaren Schläge des Quikhammers
in schnellem Takte hervorschallen, schwer und gewichtig fällt daneben
der große Hammer auf das glühende Metall. Die Feuer schlagen
vom fauchenden Blasbalg getrieben hoch in die Esse, und rauschend
schießt das Wasser unter den Rädern durch. Das ist ein seltsam
Leben in dem heißen Sommertag, und wenn wir unter der Türe
des Hammers stehend in die rotumflackerte Dämmerung hinein¬
schauen, möchten wir uns fast schämen, daß wir hier müßig gehen,
wo jeder geschäftig seinem Werke obliegt. Sachte steigen wir am
Hammerteich entlang zur Chaussee zurück.
Nun folgen in bunter Abwechselung in diesem gesegneten
Tale hübsche Billen und Arbeiterhäuschen mit reich bestandenen
Blumengärten zur ,Seite, Rosen und Nelken blühen allenthalben,
und die Hecken duften von Flieder und Jasmin. In der Nähe
der Bauernhöfe herrscht reges Leben auf den Wiesen. Ins fußhohe
Gras beißt sich die Sense mit scharfem Zahn; hier wendet man
um und von dort her bringt schon der scharfe Heugeruch durch die
Schwüle betäubend auf uns ein. Das ist ein rechtes Wandern
zur Rosenzeit. . . .
Nachdem wir so etwa zwei Stunden gegangen sind, hebt sich
unser Weg steiler bergan und wenn wir auf die Lichtung hinaus¬
treten, sehen wir den weiten Wasserspiegel der Talsperre vor uns.
Hoch darüber hinaus blickt auf vorspringendem Felsen ein Gasthaus,