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Oder bewährten die Altenaer danwls nicht den deutschen Sinn,
als sie mit bewaffneter Hand ihr gutes, verbrieftes Recht gegen den
General Wolfersdorfs mit bewaffneter Hand verteidigten?
Der alte Fritz hatte den märkischen Eisen- und Bergarbeitern
vollständige Kantonsreiheit eingeräumt, einesteils, weil die Markaner
trotz ihrer anerkannten Königstreue im dienstfähigen Alter vielfach
ins Vergische auswanderten, anderenteils, um durch die Vergün¬
stigung der erwachenden Industrie neue Kräfte zuzuführen. Im
ehemaligen Herzogtums war die Befreiung vom Militärdienst schon
lange vorher eingeführt, um dem Handwerk seine besten Kräfte zu
belassen und man war hier für eine solche Gunst um so dankbarer,
als man wohl wußte, in welcher Weise zu jener Zeit die Aushebung
des jungen Mannes zum Militärdienste erfolgte. Dem alten
Wolfersdorfs wollte es gar nicht in den Sinn, daß seine Regimenter
die prachtvollen „Kerle" aus dem Sauerlande entbehren mußten
und er beschloß, betn Dinge mit einem Gewaltstreiche abzuhelfen,
da er aus dem siebenjährigen Kriege her von deut guten Rechte
des Stärkeren überzeugt war.
Mit Altena wollte er beginnen und rückte eines Tages mit
seiner besten Kompagnie aus seiner Residenz Hamm, um nötigen¬
falls mit Gewalt die jungen Männer zu den Segnungen seines
Militarismus zu bekehren. Aber die Drahtzieher hatten Wind von
dieser guten Absicht bekommen linb rüsteten sich, ihr zu begegnen.
Mit langen Eisenstangen in der Hand standen sie cm dem schmalen
Zugang zur Stadt, der zwischen der Lenne und dem Burgberge
liegt, und als die tapfere Schar des Wolfersdorffers in Sicht kam,
hielten sie die Spitzen in die hochaufprasselnden Schmiedefeuer.
Auf eine so glühende Gegenrede war der Alte nicht gefaßt gewesen,
aber ein Rückzug schien ihm doch mit seiner Ehre unvereinbar und
so kommandierte er zum Angriff. Nach langem erbittertem Kampfe
wurde er von den unerschrockenen Städtern zurückgeschlagen und
mußte, von dem Gelächter seiner Überminder verfolgt, unverrichteter
Dinge in seine Quartiere zurückkehren.
Das also ist dasselbe Altena, das dort zu unsern Füßen an
beiden Ufern der Lenne sich hinzieht. Ein altertümliches Städtchen
mit winkeligen, krummen und niederen Häuschen, deren Grund¬
mauern sich im Flusse baden. Die breite Lennebrücke will gar nicht
in dies Bild hineinpassen und auch die jenseits stehenden modernen
Häuser nicht. . . Wir stehen auf dem Gipfel des Burgberges und
lassen die Augen über die altersschwarzen Ruinen der ehemaligen
Burg gleiten: hier stand die Wiege jenes tapferen Geschlechtes, das
viele Jahrhunderte lang die Mark beherrschte. Ein halb zerfallener
Turm, in dessen moderige Atmosphäre wir nur mit einem Gefühl
des Schauerns zu treten vermögen — befindet sich doch hier der tiefe