44 Hoffmeyer, Geschichte. 
Lichter gelenkt, durch die Sonne, das größere, und durch den Mond, das 
kleinere. So ist die päpstliche Macht die Sonne, die kaiserliche der Mond. 
Denn wie dieser sein Licht von jener ljat,, so sind Kaiser und Könige und 
Fürsten nur durch den Papst, weil dieser durch Gott ist. Also ist die Macht 
des römischen Stuhles größer als die Macht der Throne." Als Hildebrand 
selbst zum Papste gewählt wurde, nahm er den Namen Gregor VII. an. 
Sofort ging er an die Ausführung seines großartigen Planes. Zunächst 
erneuerte er das Verbot der Simonie, das ist das Erkaufen geistlicher Ämter 
um Geld. Damit die Geistlichen nicht durch die Sorge für Weib und Kind 
an die Welt gefesselt würden, gab er die Verordnung des Cölibats oder der 
Ehelosigkeit der Geistlichen, und damit die Bischöfe, Äbte und Geistlichen 
nur vom Papste abhingen, beanspruchte er das Recht der Investitur, d. h. 
er allein wollte die Bischöfe in ihr Amt einsetzen; nur ihm sollten sie den 
Eid des Gehorsams leisten, obwohl sie doch auch große weltliche Besitzungen 
hatten. Jeden, der sich diesen Anordnungen widersetzen würde, bedrohte er 
mit dem Banne. 
b) Streit zwischen dem Kaiser und dem Papste. Gregor hatte mehrere 
deutsche Bischöfe und einige Räte des Königs wegen Simonie in den Bann 
gethan; aber Heinrich ließ sie trotzdem in ihren Ämtern. Deshalb drohte 
ihm Gregor ebenfalls mit dem Banne. Da versammelte der König die 
deutschen Bischöfe und ließ durch sie die Abfetzung des Papstes aussprechen. 
Die lombardischen Bischöfe stimmten diesem Beschlüsse zu. Ein Schreiben 
des Königs an den Papst trug die Aufschrift: „Heinrich, nicht durch An- 
maßung, sondern durch Gottes heilige Einsetzung König, an Hildebrand, 
nicht den Papst, sondern den falschen Mönch." Der Schluß des Briefes 
lautete: „Steige herab? Ein anderer besteige den Stuhl Petri, der die 
lautere Lehre des heiligen Petrus verkündet. Steige herab! Steige herab?" 
Als Gregor diesen Brief erhielt, fetzte er die deutscheu Bischöfe ab und that 
sie samt dem Könige in den Bann. Alle Unterthanen Heinrichs waren damit 
von ihrem Eide des Gehorsams gelöst. Viele Fürsten fielen sofort von ihm 
ab, und in Sachsen loderte der Aufstand von neuem auf. Die Fürsten ver- 
sammelten sich und erklärten Heinrich, sie würden einen neuen König wählen, 
wenn er nicht binnen kurzer Frist des Bannes ledig wäre. Verlassen von 
allen, lebte der König mit seiner Gemahlin und einigen Dienern unter Auf- 
ficht eines Fürsten zu Speier; er mußte sich der Reichsgeschäfte enthalten 
und durfte die königlichen Abzeichen nicht tragen. Dazu drang das Gerücht 
zu ihm, daß der Papst schon auf dem Wege nach Deutschland sei, um auf 
einem Fürstentage zu Augsburg seine Sache zu schlichten. 
c) Heinrich in Kanossa. In dieser Not beschloß Heinrich, sich dem 
Papste zu Füßen zu werfen. Heimlich verließ er Speier mit seiner Ge- 
mahlin und seinem dreijährigen Sohne. Seine Feinde hatten diesen Ent¬ 
schluß gefürchtet und daher alle Pässe über die Alpen besetzt; da wandte er 
sich nach Burgund und ging von hier mitten im Winter über die Alpen. 
Das war eine beschwerliche Reise. Die Straßen waren völlig verschneit und 
mußten erst mühsam gangbar gemacht werden. Aber die Mühen fingen doch 
erst recht an, als man den Gipfel erreichte und das Absteigen begann. Un- 
möglich war es, auf dem abschüssigen, spiegelglatt gefrorenen Boden sich zu 
halten, und mehr als einmal verzweifelte man, je das Thal zu erreichen.
	        
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