Full text: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

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und anderswo wurde das Brot im Mittelalter im öffentlichen Brot- 
haus zum Verkauf ausgelegt, daneben bestanden noch Brotbänke, 
zwischen den Pfeilern der Kirchen, an den Ecken der Straßen und 
an den Häusern sich hinziehend. Nur hier durfte das Brot von 
den einheimischen wie fremden Bäckern feilgehalten werden, von 
denen diese wieder ihre besonderen Bänke hatten. Die Brothüter, 
die über den Brotverkauf gesetzten amtlichen Schauer, die ge¬ 
schworenen Meister des Handwerks, hatten das Brot zu versuchen. 
Zeigte sich irgend ein Mangel oder war es nicht vollgewichtig, so 
wurde es zerschnitten. Wem zweimal in der Woche das Brot zer¬ 
schnitten worden war, der durste in einem Monat nicht mehr backen. 
In den Väckerhäusern wurde das Brot auch noch von den ge¬ 
schworenen Meistern geschaut. Die Vorschriften, die einzuhalten 
waren, sind schon in der älteren Zeit so mannigfaltig, daß sie hier 
nicht alle angeführt werden können. 
Nach den Ordnungen des 16. und der späteren Jahrhunderte 
durften die Bäcker in Nürnberg ihr Brot nur in den Häusern, wo 
sie ihre Backöfen hatten, und in den Brotlauben bei St. Sebald 
und anderswo feilhalten. Nur Roggenbrot und Roggenwecke, die 
zu backen jedem freistand, konnten an den Werktagen neben den: 
fremden Brot „auf freiem Markt" zum Kauf ausgelegt werden. 
Die Schau wurde jetzt auf Erfordern des Stadtpfänders zu Zeiten 
von den geschworenen Meistern ausgeübt, der Pfänder sollte aber 
darauf achthaben, daß kein Bäcker durch die Geschworenen, deren 
Weiber, Kinder, Dienstboten oder sonst jemand gewarnt oder ihm 
die Zeit, zu der die Schau und der Brotschnitt vorgenommen werden 
sollte, verraten würde. Der Pfänder oder sein Stellvertreter ging 
mit den Geschworenen in den Häusern um, das gerecht befundene 
Brot erhielt einen Schnitt, den die Schau machte; dem Bäckermeister 
selbst war es bei Strafe verboten, das Brot einzuschneiden. Bäcker, 
deren Brot nicht vollgewichtig war, verfielen den empfindlichsten 
Strafen. Waren die Semmeln oder die Röckelein nur um ein Lot 
zu leicht, so büßte es der Meister mit einer Turmstrafe von einem Tag 
und einer Nacht und hatte noch dazu für diese Zeit mit dem Backen 
zu feiern. Auf zwei Lot Mindergewicht stand eine Turmstrafe von 
zwei Tagen und zwei Nächten und ein Arbeitsverbot von derselben 
Dauer. Etwas geringer waren die Strafen bei mindergewichtigem 
Roggen- oder Hausbrot, sowie jene der auswärtigen Bäcker. Wenn 
während der Strafzeit mit dem Backen fortgefahren wurde, so büßte das 
der Meister durch besondere Geldstrafen. Auf Reinlichkeit legte man 
besonderes Gewicht. Unter das ausliegende Brot mußte ein sauberes, 
weißleinenes Tuch gebreitet sein, im Laden wie in den Brotbänken. 
Endlich hatte noch jeder Bäcker seine Laibe mit seinem Zeichen unb mit 
der Nummer des Tages, an dem sie gebacken waren, zu versehen.
	        
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