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schlveigilchen ^nippen an ben kriegerischen Operationen nicht mehr
teil. Am 18. August 1866 erklärte bas Herzogtum seinen Eintritt in ben
neuzitfulbenben norbbentschen 33 n n b. Zn biesem Zeitpunkte
hatte bas Erbe ber jüngeren welfischen Linie bereits aufgehört, ein
selbstäubiges staatliches Dasein zu führen.
5. Das Königreich Hannover von J8J5—J866.
Hanuove r war aus bem Zeitalter ber Revolution als Köuig-
re i ch uub burch Erwerbung von O stfrieslanb, Osnabrück
unb H i l b e s h e i ni erheblich vergrößert hervorgegangen.
Die seit 1714 beftehenbe Personalunion löste sich im Jahre
1837 mit bem Tobe Wilhelms- IV. von E n g l a n b , bes
zweiten Sohnes Georgs III.1) In En glaub folgte seine Nichte, bic
Königin Viktoria, in Hannover, wo bie weibliche Linie erst
nach Aussterben bes gesamten Mannesstammes erbberechtigt war,
Wilhelms Bruber, Ernst August, Herzog vou Eumberlaub (1837
—1851). Dieser staatsmännisch befähigte unb kraftvolle, aber rück¬
sichtslos gewalttätige Herrscher hob, um bas uneingeschränkte Ver¬
fügungsrecht über bie Domänen zu haben, bas Staatsgrnnb-
gesetz von 1 8 3 3, bas allerbings von ihm als Thronfolger seiner
Zeit nicht anerkannt war, auf unb entbanb bie Beamten bes König¬
reichs bes Eibes, ben sie auf bie Verfassung geleistet hatten. Sieben Göt¬
tinger Professoren erklärten bamals, baß sie sich bnrch ihren Eib an bie
bisherige Verfassung gebnnben fühlten. Die strenge Maßregelung
bieser sieben charaktervollen Männer rief eine allgemeine Erregung in
Deutschlanb hervor. Später lenkte ber König ein. Im Jahre 1848
zeigte er eine nachgiebige, boch sichere Haltung unb führte bas Lanb
glücklich burch bie stürmische Zeit hindurch; bie liberale Verfassung von
1848 blieb bestehen. Auf Ernst August folgte sein erblinbeter Sohn
Georg V. (1851—1866). Unter biesem Herrscher, ber eine über¬
schwengliche Auffassung seiner königlichen Gewalt besaß, erfolgte eine
Reaktion auf staatlichem unb kirchlichem Gebiete. Dieselbe hatte eine
liberale Opposition zur Folge, bereit Führer Ritbolf von Bennigsen, ber
Mitbegrünber bes Nationalvereins, war. Des Königs Stellung
zu ber bentschert Frage war gegeben burch seine Auffassung von
J) Georg III.
+ 1820
Georg IV'. Wilhelm IV. Eduard Ernst August
t 1830. t 1837. t 1820. Herzog v. Cumberland.
König vou Hannover
Viktoria. *^7 1851.
I
Georg V.
1851—1866
(t 1878).
Ernst August,
Herzog v. Cumberland.
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den ihm von Gott gegebenen Kronrechten, gegen bereit Schmälerung
bas Rechtsgefühl bes stolzen Welfen sich auflehnte. Mit betn Antrage
Preußens auf Bunbesreform unb Berufung eines bentfchen Parla¬
ments (April 1866) kam ber Gegensatz Hannovers zn Preußen znr
offenen Erscheinung. So stimmte Hannover am 14. Juni 1866
sür bie Mobilisierung eines Teiles ber Bnnbes-
arme e. Als bann ber preußische Bevollmächtigte am solgenben Tage
an ben König bie Aufforderung richtete, feine Truppen auf ben
Jriebensftanb zurückzuführen unb bas Bnnbesreformprojekt anzn-
nehmen, wogegen ihm bie Souveränität unb Integrität bes Lanbes ge¬
währleistet würbe, konnte sich bes Königs starrer Rechtsfinn nicht zum
Nachgeben entschließen. Sofort erfolgte bie Kriegserklärung
Preußens. Am 29. Juli mnßte bie tapfere hannoversche Armee,
nctchbent sie zwei Tage zuvor siegreich gegen ein kleines preußisches
Korps bei Langensalza gefochten hatte, bie Waffen strecken. Die
königliche Familie begab sich nach Österreich. Das Königreich
Hannover warb Preußen einverleibt.
III. Der norddeutsche Bund und die Begründung
des Deutschen Reiches.
Die letzten Zeiten der Regierung Verzog Wilhelms. Herzog
Wilhelm erlebte noch bie Begrünbnng bes Reiches unb feine erste so
glänzenbe Entwicklung. Die braunschweigischen Truppen nahmen an
betn bentfchen Einheitskampfe ruhmreichen Anteil: neue Lorbeeren er¬
warben sie sich in ben Kämpfen um Metz, im Loire-Jelbzuge vor Or¬
leans, sowie bei Le Mans. Das He r z o g t n m wurde M i t g l i e b
bes bentfchen k o n ft i t it t i o n e l l e n Bnnbesftaates, unb
ein Teil feiner Hoheitsrechte ging an bas gemeinsame Oberhaupt und
an das Reich über. Die Regierung ist durch zwei Stimmen im Bundes¬
rate, die Bevölkerung durch drei Abgeorbuete im Reichstage vertreten.
Die Lanbesgefetzgebuug bewegte sich in ben alten, bewährten
Bahnen weiter. Der letzte wichtige gesetzgeberische Akt ber
Regierung betraf bie Zukunft bes Lanbes. Das Schicksal ber
jüngeren Linie seines Hanses mußte ben Familiensinn bes Herzogs
schmerzlich berühren, zugleich aber ihm bie Verpflichtung vor Augen
führen, für bie Zukunft bes Herzogtums zu sorgen. Nach bem braun¬
schweigischen Lanbesgrunbgesetz mußte mit betn Erlöschen ber älteren
Linie bes welfifchen Hanfes bie Regierung auf bie jüngere hannoversche
Linie übergehen. Nun aber war zwischen Georg V. unb Preußen
kein Friedensschluß erfolgt; infolgebeffen bestanden die Ansprüche jenes
auf Hannover weiter. Nach dem Tode Georgs V. (1878) hielt fein
Sohn Ernft Auguft, der ben Titel „Herzog von Cumberland unb
zu Braunschweig-Lüneburg" annahm, jene Ansprüche aufrecht. Da mit¬
hin bei einer Erlebignng bes braunschweigischen Thrones sich ber Über-