B.
Wer soll Heselke sein? — Wer was Kann.
11. Are Ireisprechung.
Als die drei Lehrjahre um waren, sagte mein Meister zu mir'
„Nächsten Dienstag wirst frei."
„Was wird denn da sein?"' fragte ich, mich erinnernd an die
großen Veranstaltungen, Gebräuche und Feierlichkeiten, die sonst bei
einer Freisprechung von Lehrlingen stattgefunden hatten. Ein neues
Gewand, eine Prüfungsarbeit vor dem Richterstuhle der Innung, eine
Predigt voni Lehrmeister, eine feierliche Erklärung und Aufnahme
in den Gesellenverband, und Wirtshaus, viel Wirtshaus. Die
Schneidergesellen haben ein großes Getue, wenn sie einen neuen in
ihre Mitte kriegen; vor allem wird die „nasse Bruderschaft" gemacht;
wenn man weiß, woher das Naß kommt, so weiß man auch, wie lustig
es dabei zugeht.
„Was wird denn da sein?" fragte ich also, da der Tag nahte,
ohne daß irgend welche Anstalt getroffen wurde.
„Da wird gar nichts sein," antwortete mein Lehrmeister. „Seit
der Gewerbefreiheit ist das alles abgekommen. Heut' ist jeder Meister,
der Steuern zahlt, hat er etwas gelernt oder nicht. Alldeswegen gibt's
heut' Schuster und Schneider, daß es grad' schwänzelt. Wenn einer
auch nichts machen kann, wenn er den Leuten nur 's Maul machen
kann. Der best' Schwätzer ist heut' der best' Handwerker. Werden
schon sehen, wohin das führt. — Was dich angeht, Peter, so braucht's
nur, daß ich nächsten Dienstag sag': Die drei Jahr' sind aus —
und du bist frei. Das Lehrstück schenk' ich dir, willst aber eins ablegen,
so geh' heim und mach deinem Vater eine neue Joppen. Wird froh,
sein. Willst extra noch was, so kannst nach Birkfeld hinabgehen und
mr vom alten Jnnungsvorstand — ich weiß gar nicht, wer's jetzt
i>t den Freibrief ausstellen lassen; brauchst sonst gar nichts, als
meinen Namen und einen Gulden — den mußt in die Lad' zahlen
Wallst ein Freiessen anstellen, so werden dir die Birkfelder Schneider
gern dabei helfen; sie können recht passabel Gesundheit trinken —
zahlen mußt du. — Ja, mein Bub, um's Geld kann einer heut' alles
Men. Zu meiner Zeit war's anders; da ist nur der Fleiß und die
Wuchtigkeit was wert gewesen."